Sonntag, 22. Juli 2007

Cañon (sprich canjon) de Colca...

Nach der Wochenendpause sind die Streiks in Arequipa natürlich mit frischem Schwung und neu gebastelten Puppen weitergegangen und das Wegkommen wurde uns wieder einmal verwehrt.
Nachdem wir von allen Seiten unterschiedliche Infos bekommen hatten fuhren wir einfach auf gut Glück zum Busterminal. Am Tor des Terminals kämpften wir uns erst einmal durch wütende Menschenmassen, die alle das Geld für ihre Tickets zurückwollten und kamen dank eines freundlichen Polizisten am Tor und unseres Touristenstatus auch rein. Im Terminal erfuhren wir, dass zwei Busunternehmen mitten in der Nacht (zu leider überteuerten Preisen) Richtung Cabanaconde fahren… unserem Trip in den Canon de Colca stand also nichts mehr im Weg….
Der Bus ging um 2 in der Früh, weswegen wir schon um 6 Uhr beim Cruz del Condor, dem berühmten Kondoraussichtspunkt im Canon, ankamen. Wir waren die einzigen Touristen im Bus und stiegen gemeinsam mit ca. 15 einheimischen Frauen, die große Säcke mit Touristenramsch dabeihatten aus. Die Kondore sollten erst um 8, wenn die Thermik aufgrund der Sonneneinstrahlung gut genug ist aus dem Canon aufsteigen und ihre Kreise ziehen. Wir nutzten die 2 Stunden bevor die Touristen in Strömen kamen um Kaffee zu kochen und die schöne Landschaft zu genießen.
Pünktlich um 8 kamen die Touristenbusse an, die Kondore hatten etwas Verspätung… Aber dann, als die Thermik endlich gut genug war erhoben sie sich in die Lüfte und zeigten ihre Flugkünste.
Der Andenkondor ist der größte flugfähige Vogel der Welt mit einer Flügelspannweite von bis zu 3m und einem Gewicht von bis zu 11kg. In der Andenregion wird er als heiliges Tier verehrt. Es ist echt faszinierend, wenn sich diese Riesenvögel in deiner unmittelbaren Nähe fast ohne Kraftaufwand entlang der Wände des Canons hinaufschrauben.
Wir hatten vor unserem Trip schon von Touristen gehört, dass die Kondore nur 30 Meter über ihren Köpfen hinweggesegelt waren und hofften, dass wir das gleiche Glück haben würden. Wir hatten Glück…dass sie nicht mit uns kollidierten! Nachdem uns einer der Kondore schon aus einigen hundert Metern Entfernung ins Visier genommen hatte, steuerte er direkt auf uns zu und brauste nur knappe 4 Meter über unsere Köpfe hinweg! Es muss aus der Entfernung lustig ausgesehen haben als 300 Menschen mit offenem Mund den Kopf eingezogen haben…
Mit offenem Mund haben sie auch uns angesehen, als wir gegen 9 unsere Rucksäcke schulterten und ganz selbstverständlich die staubige Straße entlang in Richtung Cabanaconde losmarschierten… ganz ohne Touribus oder Guide…immer dem Canon entlang.
Der Canon de Colca ist mit einer Tiefe von über 3000m einer der tiefsten Canons der Erde (der Grand Canion in den USA ist gerade mal halb so tief!) und erstreckt sich auf einer Länge von über 100km.
Kurz vor der kleinen Ortschaft Cabanaconde bogen wir (Dank der Wegbeschreibung von Jörg) rechts in den Canon ab. Von hier stiegen wir in immer steiler werdenden Serpentinen bis zum Grund des Canons, wo der Rio Colca fließt, ab.
Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns von der Standard-Touristenroute und marschierten auf der anderen Seite des Canons in die hochgelegene kleine Ortschaft Tapay. Zu Inkazeiten hatte dieser Ort noch eine andere Lage und war mit über 1000 Einwohnern einer der wichtigsten Orte im Canon. Er dürfte auch ein wichtiges Handelszentrum für die Region gewesen sein, da Archäologen in den Ruinen Reste von Seefisch und anderen, nicht in der Region vorkommenden Speisen gefunden haben. Tapay wurde in der Kolonialzeit an seinen heutigen Ort verlegt, da die exponierte, strategisch gute Lage von den Spaniern nicht mehr benötigt wurde und dem Ort außerdem aufgrund des verschwindenden Gletschers das Wasser ausging. Die Ruinen des alten Ortes sind immer noch vorhanden. Die mussten wir natürlich sehen! Also fragten wir uns im Ort durch und marschierten den Wegbeschreibungen folgend los. Grundsätzlich waren diese ja auch richtig, nur erwischten wir leider, der irrigen Annahme folgend, die Ruinen müssten weiter den Hang rauf sein, die falsche Abzweigung. Nach ca. 400 Höhenmetern durch Kakteen und anderes stechendes Gewächs war dann Schluss – der Weg verlief sich im Dickicht. Naja, Umwege erhöhen die Ortskenntnis und Höhenmeter sind auch nie umsonst: Man hat meist eine schöne Aussicht und wenn nicht, so hat man wenigstens die Beinmuskulatur trainiert...
Wir kehrten also um und beim zweiten Anlauf kamen wir dann auch zu den Ruinen – eine faszinierende Anlage!
Völlig von Kakteen und anderem Gesträuch überwuchert stehen die teilweise noch sehr gut erhaltenen Ruinen im Steilhang. Dicht an dicht auf einer Riesenfläche stehen die Gebäude, die einst so viele Menschen beherbergt haben. Kaum ein Tourist verirrt sich hierher und deshalb gibt es auch keine ausgetretenen Wege zwischen den Ruinen. Man muss sich also seinen eigenen suchen und einfach drauflos klettern…
Oberhalb der Ortschaft in einer kleinen Höhle entdeckten wir dann auch eine Begräbnisstätte. Die Knochen und Schädel vieler Menschen lagen dort wild durcheinander geworfen. Aber inzwischen gewöhnen wir uns schon daran irgendwo menschliche Überreste zu finden…
Und nicht nur die Knochen erinnern an die früheren Bewohner dieser Ortschaft. Zwischen beziehungsweise in den Häusern liegen noch Tongefäße und Scherben, die von den Kakteen überwuchert werden. Die Ruinen von Tapay sind also keine von den typischen, von Archäologen zusammengeräumten und eingezäunten Stätten, sondern einfach eine alte Ortschaft, die sich die Natur langsam wieder zurückerobert.
Von den Ruinen ging es über zwei weitere kleine Ortschaften dann zum Touristenmagneten des Canons: der Oase Sangalle. Dieses kleine Fleckchen Erde trägt ihren Namen „El Paraiso“ zu Recht und lässt sich am besten durch die Fotos beschreiben.
Wie üblich waren sie mit uns Individualtouristen kurzfristig überfordert. Es fand sich jedoch schnell ein Plätzchen für unser Zelt und so beschlossen wir hier im Paradies einen Tag Pause einzulegen. Das muss man doch ausnutzen, wenn man für gut einen Euro pro Person campen und den 25 Grad warmen Pool benutzen kann. Die Touren kommen alle am Nachmittag an und brechen in der Nacht oder dem frühen Morgen schon wieder auf um beim Aufstieg der Tageshitze zu entgehen. Also hatten wir die gesamte Anlage am Vormittag für uns…
Da wir nicht zu den Frühaufstehern gehören und uns die Hitze nicht so viel ausmacht brachen wir nach besagtem Pausetag erst um 9 auf und stiegen in der Gluthitze des Vormittags in Rekordzeit nach Cabanaconde auf – Knappe 3 Stunden in der Hitze mit Gepäck, wo Normaltouren in der Nacht mit Tragtieren über 4 benötigen…Schön langsam kriegen wir echt eine Mörderkondi!
Von Cabanaconde ging es mit dem Bus wieder nach Arequipa wo wir jetzt noch einen Tag ausspannen. Dann geht es weiter nach Cusco – der ehemaligen Hauptstadt des Inkareichs…

Chachani...

Da Jörg der Sache mit der Wochenendstreikpause nicht so ganz traute wurden wir am Samstag schon um halb 6 vom Hostal abgeholt. Das Geländeauto brachte uns an verlassenen Straßensperren vorbei und über Rumpelpisten bis auf 4800m. Von dort begann der Aufstieg ins 600m höher gelegene Basecamp. Nachdem das Camp stand und unsere Ausrüstung für den nächsten Tag angepasst war machten wir noch einen kurzen Akklimatisationsaufstieg um in der folgenden sehr kurzen Nacht wenigstens ein bisschen schlafen zu können. (Für alle, die keine Erfahrung im Höhenbergsteigen haben: Ab ca. 3500m sollte man nicht mehr auf der erreichten Tageshöhe schlafen, sondern noch einige hundert Meter auf- und wieder absteigen um den Kreislauf zu entlasten.)
Wir verkrochen uns früh in unsere Schlafsäcke um in der Nachmittagswärme wenigstens noch ein bisschen Ruhe zu bekommen. Während der Nacht kühlte es auf -10 Grad ab und in Verbindung mit der dünnen Luft fällt das Schlafen noch schwerer. Immer wieder schreckt man hoch, weil man das Gefühl hat, dass bei zu tiefem Schlaf einfach die Atmung aussetzt…Man hat Kopfschmerzen und es ist einem konstant übel.
Um kurz nach 1 in der Nacht weckte uns unser Bergführer (bzw. sagte er uns nur Bescheid) und nach einem heißen Tee ging es im Stockfinsteren, warm eingepackt dem Gipfel entgegen.
Die erste Stunde folgten wir einem steilen, aber einfachen Pfad bis wir an den Rand des ersten Eisfeldes kamen. Dort wurden dann die Steigeisen angelegt und im Schein der Kopflampen tasteten wir uns über das steile Eis. Der Untergrund ist hier sehr hart, da der Schnee bzw. das Eis jeden Nachmittag antaut um dann in der Nacht wieder steinhart zu gefrieren. Es ist ein sehr seltsames Gefühl in einer ca. 60 Grad steilen Eiswand zu stehen und die Taschenlampe leuchtet nur einige Meter aus. Beim Blick nach unten sieht man nur das blanke Eis, das nach 50 Metern mit der Dunkelheit verschmilzt – Es könnte also 55 oder 555 Meter fast senkrecht nach unten gehen…Trittsicherheit ist hier gefragt!
Je weiter wir aufstiegen, desto kälter und windiger wurde es. Das Problem in so großen Höhen ist, dass man aufgrund der dünnen Luft sehr langsam aufsteigen muss. Der Kreislauf ist zwar in vollem Gange (Puls 180) aber die Muskeln werden so langsam bewegt, dass sie schneller auskühlen als sie der Körper erwärmen kann. Trotz der 5 Lagen übereinander froren wir also wie blöd. (siehe Fotos) Kurz vor dem Gipfel zog dann Nebel auf, der aufgrund der inzwischen herrschenden -20 Grad sofort gefror, egal wo er hinfiel. Unsere gesamte Kleidung und Ausrüstung war mit feinen Eiskristallen überzogen. Marita kriegte sogar ein Eisbärenbussi ab…
Nach 5 Stunden (andere Gruppen brauchen dafür 6-8 Stunden) erreichten wir dann den Gipfel. 6075m über dem Meeresspiegel!!!!!! Ein Gefühl, dass man nicht beschreiben kann!
Nachdem wir ein paar Cocablätter geopfert hatten, waren die Berggeister noch so nett und lüfteten den Nebelvorhang, um uns die geniale Sicht auf den Vulkan Misti und Arequipa freizugeben.
Temperaturbedingt stiegen wir bald wieder zügig ab und waren um kurz vor 10 schon wieder im Basecamp. Nachdem das Camp abgebrochen war, ging es in großen Schritten über den Vulkanschotter zum Startpunkt hinunter wo uns schon der Geländewagen erwartete. Um 1 Uhr Nachmittag stiegen wir völlig erschöpft, aber überglücklich vor unserem Hostal aus.
Der Hostalbesitzer war überrascht uns schon so früh zu sehen und fragte uns, ob wir es denn WIRKLICH bis nach oben geschafft haben, da normalerweise die Leute erst um frühestens 4 von der Tour zurück sind. Die einmonatige Akklimatisationsphase in Bolivien dürfte sich gelohnt haben…

Die Streiks...

Wie sieht es aus, wenn in Europa die Lehrer streiken?...Hier in Peru machen auch noch alle anderen mit, die gerade Zeit, keine Lust zum Arbeiten oder Freude an Lagerfeuern und Straßensperren haben. Plötzlich geht es nicht nur um die Bildungsreform, sondern auch noch um die Brotpreiserhöhung, die Regierung im Allgemeinen und so manch andere, nicht ganz durchschaubare Sachen.
In ganz Arequipa säumten Demonstrantengruppen die Straßen, schwenkten Banner und Fahnen, machten Radau, pfiffen und schrien. Auf der Plaza ging es so richtig zur Sache: Hier vermischten sich die Demogruppen zu einer großen Demonstration und so wurde gemeinsam für und gegen alles Mögliche demonstriert. Es wurden Fahnen, Pappfiguren und Autoreifen verbrannt und durch Megaphone Parolen gebrüllt. Und in diesen Menschenmengen machten die Straßenverkäufer das Geschäft ihres Lebens. Eis, Zuckerwatte, Götterspeise, Chips und Süßigkeiten ließen (wenn man von den mit Tränengas, Knüppeln und Schilden bewaffneten Polizisten rund um die Plaza absah) richtige Volksfeststimmung aufkommen.
Da niemand genau wusste, wie lange die Streiks und Straßenblockaden noch andauern würden mussten wir jeden Abend bei Jörg anrufen, um zu erfahren ob wir am nächsten Tag auf den Chachani starten konnten.
Am Samstag war es dann so weit – Wochenendpause! Wozu streiken, wenn man sowieso frei hat? – Das ist halt südamerikanischer Hausverstand…Die Straßenblockaden waren also vorübergehend aufgehoben und wir konnten starten!

Arequipa...

Nach Puno sind wir in die „ciudad blanca“ – „die weiße Stadt“ weitergereist. Arequipa trägt diesen Namen, weil seine alten Gebäude aus der Kolonialzeit vorwiegend aus sillar, einem weißen Vulkangestein gebaut sind. Die Stadt liegt eingebettet in einer Ebene zwischen den drei Vulkanen El Misti (5822m), Pichu Pichu (5571m) und Chachani (6075m). Aufgrund seiner beeindruckenden Lage befindet sich Arequipa aber auch in konstanter Gefahr. Jedes Jahrhundert wurde die Stadt von schweren Erdbeben oder Vulkanausbrüchen erschüttert, das letzte mal 2001. Geologen sagen außerdem eine große Eruption des Vulkan Misti voraus, was heute tragischer wäre als je zuvor, da die Stadt immer weiter seine Hänge emporwächst.
Der Vulkan Misti ist wegen seiner perfekten Kegelform der bekannteste und auch der am häufigsten bestiegene Vulkan in Arequipa. Uns faszinierte aber von Anfang an der Chachani viel mehr. Er ist technisch anspruchsvoller als der Misti und ist um gute 200m höher – Ein 6000er!
Von Henny, einer Deutschen, die wir in Puno kennen gelernt haben, erfuhren wir von Jörg, einem Berliner, der in Arequipa eine Touragency hat. Bei ihm buchten wir die Tour zum Chachani im Austausch für einige Informationen bezüglich Canon de Colca und Choquequirao – unsere nächsten geplanten Ziele. Nach einem mehrstündigen Informationsaustausch (bei dem wir mehr über den Amazonas und Linux als über den Chachani erfuhren) stand es fest: Am nächsten Tag um 05.45 sollte es losgehen…
Als wir nach einer kurzen Nacht um halb 6 in Jörgs Büro standen erfuhren wir, dass die Peruaner mal wieder mit ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Streiken, beschäftigt sind und unsere Tour aufgrund der Straßensperren nicht möglich ist. Da wir ja zum Glück keinen Zeitdruck haben und sowieso in Arequipa festsaßen machten wir das Beste daraus und genossen das Spektakel…

Sonntag, 8. Juli 2007

Puno und die Islas...

Puno ist eine eigentlich nicht sehr ansehnliche Großstadt an den Ufern des Titikakasees. Sie ist aber ein wichtiger Ausgangspunkt zu weiteren Attraktionen des Sees. Von hier aus kann man die Inseln vor der Bucht von Puno besuchen. Wir besuchten zwei davon – die angeblichen Highlights:
In dem Schilfgürtel vor Puno lebt das Volk der Uros. Sie leben auf künstlichen schwimmenden Inseln, die komplett aus totora, dem hier wachsenden Schilf, gebaut sind. Boden, Häuser, Schiffe,…alles ist aus dem leichten, mit Lufthohlräumen gefüllten Halmen gebaut. Ihre schwimmenden Inseln sind einem ständigen Prozess der Verrottung ausgesetzt und müssen daher ständig gewartet werden – das was unten wegfault muss oben nachgelegt werden. Alle 15 Tage braucht eine Insel eine neue Lage totora.
Die Uros begannen ihre schwimmende Existenz schon vor Jahrhunderten, um sich von den aggresiven Völkern der Collas und Inkas zu isolieren. Sie lebten hauptsächlich vom Fisch- und Vogelfang. Heute gibt es immer noch 37 Inseln auf denen je 3-11 Familien wohnen. Sie leben immer noch auf ihre traditionelle Art und Weise, wobei die Haupteinkommensquelle jetzt der Tourismus ist. Alles was erwirtschaftet wird kommt der ganzen Gemeinde zugute – Kommunismus im kleinen Rahmen, der funktioniert…
Die zweite Insel, die wir besuchten war Taquile, eine natürliche Insel, die schon seit Jahrtausenden bewohnt und bewirtschaftet wird. Sie sieht der Isla del Sol mit ihren Terrassen und Steinmauern sehr ähnlich. Auf Taquile gibt es eine lange Tradition des Strickens und Webens. Während die Frauen einen der feinsten Stoffe der Welt weben, ist Stricken reine Männersache. Ihre traditionellen Hauben (die auch über den gesellschaftlichen Status Auskunft geben) werden aus so feinen Fäden gestrickt, dass es Monate dauert eine von ihnen fertig zu stellen. Wenn man eine von diesen Hauben mit ihren komplizierten Mustern und Verzierungen sieht ist es unglaublich, dass so etwas per Hand gemacht worden ist – Die Männer von Taquile werden nicht zu unrecht als die besten Stricker der Welt bezeichnet.
Die Aufgabe der Frauen ist es für ihre Männer jedes Jahr einen ca. 15cm breiten Gurt zu weben, auf dem in feinsten Bildern die wichtigsten Ereignisse des Jahres zu sehen sind. Unter diesem wird ein aus festerem Material geknüpfter Gurt getragen in dem das Haar der Frau eingearbeitet ist. Er hat in etwa die gleiche Bedeutung wie bei uns der Ehering.
Die Tour, die wir gemacht haben um die zwei Inseln zu sehen war leider sehr touristisch, aber auch die einzige Möglichkeit das alles zu sehen. Wir wissen also nicht, ob alle Männer auf Taquile wirklich immer mit dem Strickzeug herumlaufen oder ob sie es ablegen, sobald die Tourboote den Hafen verlassen…

Isla del Sol

Nach dem Kevin heil in Copacabana angekommen war konnte es endlich auf die Isla del Sol gehen (weswegen wir eigentlich hierher gefahren waren…) Diese Insel ist der Inkalegende zufolge der Geburtsort der Sonne und auf ihr befindet sich auch der Roca Sagrada (heiliger Stein) aus dem angeblich die ersten Inka geboren wurden. Aus diesem Grund zieht es immer mehr Touristen auf die Insel, die aber meist nur einen Tagesausflug zu den historischen Stätten machen. Wir nahmen uns etwas mehr Zeit und erkundeten die gesamte Insel zu Fuß. Wenn man nämlich vom Hauptweg abzweigt und die Insel ohne Karte (gibt es einfach nicht) und auf eigene Faust erforscht findet man die wirklichen Sehenswürdigkeiten: Einsame Buchten mit glasklarem Wasser, im Hintergrund thront die Cordillera Real, über einem wird auf Terrassen, die noch aus der Inkazeit stammen Mais, Kartoffeln und Oka angebaut,…Man wandert durch vom Tourismus fast unberührte Gebiete und das einzige was einem entgegenkommt sind ein paar Schafe oder unangenehmer, störrische Mulis, die den Weg blockieren… (aber dieses Problem kennen wir schon vom Choro- Trail)
Natürlich besuchten wir auch die Ruinen (wo wir plötzlich nicht mehr alleine waren sondern mit dem Touristenstrom mitgetrieben wurden)
Die Ruinenstadt auf den Fotos ist ein ehemaliges Hostal, das sich in der Nähe des Roca Sagrada befindet. Es diente Inka-Pilgern als Unterkunft. Die Gebäude selbst stammen aber schon aus der Prä-Inkazeit.
Wirklich lustig war es neben den ganzen Tagestouristen mit unseren dicken, großen Trekkingrucksäcken in den Ruinen herumzuklettern. Das ist gar nicht so einfach, da die Inka, so wie auch die Bolivianer heute noch, nicht die allergrößten waren.
Erst ab 16 Uhr, wenn die Ausflugsboote die Insel verlassen, wird es wieder ruhig und wir konnten den Sonnenuntergang am Strand alleine und in Ruhe genießen. Hier ging sich sogar ein kurzes Bad im Titikakasee aus (7 Grad Wassertemperatur, dafür strahlender Sonnenschein) Beim Sonnenbaden auf den Felsen entdeckten wir dann auch, dass wir nette Nachbarn hatten – 8 Beine, dicker schwarzer Bauch,…der ganze Felsen war von Schwarzen Witwen bevölkert…Aber wir schlossen einen Friedensvertrag und verzogen uns wieder auf den Sandstrand.
Nach 4 Tagen hatten wir die an ihrer Längsseite nur ca. 15km lange Insel mit all ihren Buchten und Halbinseln genug erkundet und nahmen wieder ein Boot zurück nach Copacabana wo wir noch einen Tag ausspannten und uns dann nach Puno/Peru weiterreisten…

Kevin´s Solotrip...

Da wir nicht daran gedacht hatten, dass unser, in Potosi gestohlener Rucksack, ja über die Kreditkarte versichert ist, hatten wir uns dort auch keine Anzeigenbestätigung geben lassen, welche wir jetzt aber brauchten… Also ab zum Polizeiposten wo sie uns sagten, dass die von Potosi das ohne Probleme per Fax schicken könnten. Wir müssten das nur mit der Polizei in Potosi telefonisch vereinbaren. Telefonnummer von den Kollegen hatten sie aber keine.
Nach 3 stündigem herumtelefonieren (Gespräche mit Auskünften, die keine Auskunft hatten, Familien, die nicht wussten was wir jetzt von ihnen wollten,…) kamen wir endlich zum Posten in Potosi. Dort wurde uns „sehr freundlich“ mitgeteilt, dass ihnen die „Mittel“ fehlten ein Fax zu schicken und wir persönlich vorbeikommen müssten…
Die Anzeige lief auf Kevins Namen und es wäre unnötig gewesen wenn wir beide gefahren wären und so wogen wir ab: Kampfspanisch oder die Möglichkeit die Anzeigenbestätigung nicht zu bekommen, weil sie auf den falschen Namen läuft? Kevin bekam einen Schummelzettel in die Tasche und wurde in den Bus nach La Paz gesteckt.
Da hieß also: 4 Stunden bis La Paz, dort ans andere Ende der Stadt, von dort 11 Stunden nach Potosi, wieder ans andere Ende der Stadt und dann war es so weit: Mit dem Schummler in der Hand wagte sich Kevin in die Höhle des Löwen und wurde nach einstündigem Anstellen um 6 Stunden vertröstet, da der zuständige Beamte nicht da war. Am Nachmittag startete Kevin den nächsten Versuch und bekam nach 1 ½ Stunden Kampfspanisch und Beteuerungen, dass der Zettel noch NICHT ausgestellt worden war endlich einen maschingeschriebenen DIN A4 ½ Zettel, der vor Rechtschreib- und Tippfehlern nur so strotzte.
Danach hieß es alles wieder retour: In Summe 30 Stunden im Bus und knappe 1500km großteils auf Schotterpisten für einen Zettel, den man eigentlich hätte faxen, mailen, mit der Post schicken,…können!
Aber so hatte Marita wenigstens Zeit gehabt sich von ihrer Forelle zu erholen…
Schon ein paar Tage nachdem wir das Mail an Visa geschickt hatten erhielten wir die freudige Botschaft: Von den 1300Euro Wert, den der Rucksackinhalt hatte werden uns 732 Euro ersetzt!!!! Der Zweitagestrip hat sich also auf jeden Fall ausgezahlt!

Copacabana

Nachdem wir uns ein paar Tage in La Paz erholt hatten und ein 8,3kg schweres Paket mit Souvenirs und unnötigen Ausrüstungsgegenständen nach Österreich geschickt hatten ging es weiter Richtung Titikakasee. Hier an den Ufern des größten und höchsten schiffbaren Sees Südamerikas liegt das verschlafene, sehr mediterran wirkende Pilgerziel Copacabana.
Wenn man nicht gerade bergauf geht könnte man hier fast vergessen, dass man sich auf knappen 4000m befindet. Das Klima ist mild und sonnig und der See lädt mit seinen Tretbooten am Ufer und den kleinen Strandrestaurants zum Flanieren ein… Hier kann man auch die leckeren, im See gezüchteten Forellen genießen (auch wenn Marita ihre nicht lange bei sich behalten hat…)
Die Stadt ist nicht nur ein beliebrter Urlaubsort der Bolivianer und Hauptausgangspunkt zur Isla del Sol, sondern auch noch einer der wichtigsten Pilgerorte Boliviens. Hier finden zwei mal täglich die „sacrificios de los movilidades“ – Autoweihungen statt. Vom Taxi bis zum Reisebus und vom Luxusschlitten bis zur Rostlaube kriegt hier alles seinen Segen. Man kann sich auch stellvertretend für Auto oder Haus ein kleines Modell kaufen und dieses weihen lassen. Sehr bunt und sehr feuchtfröhlich – bolivianisch eben!

Der Choro-Trail...

Der Camino de Choro ist einer der beliebtesten Trekkingpfade in Bolivien. Er verläuft entlang einer alten Inkahandelsroute – früher der einzige Weg Güter aus den tropischen Yungas ins höher gelegene La Paz zu transportieren.
Da es in den Yungas in den letzten Jahren gelegentlich zu Raubüberfällen an Touristen gekommen ist sollte man den Trail eigentlich nicht auf eigene Faust machen und es gibt unzählige Tourunternehmen, die geguidete Touren anbieten. Aber aus finanziellen Gründen und der Trekkerehre wegen wagten wir es alleine.
Die Anreise erfolgte in einem Minibus, der uns zum erstaunen, der anderen Touristen im Bus mitten auf der Strecke auf einem ca. 4500m hohen Pass aussteigen ließ. Von dort erklommen wir noch die letzten Hoehenmeter bis zu dem 4860m hohen Pass, der den Startpunkt des Choro-Trails markiert. Geguidete Touren werden mit dem Auto bis zu diesem Pass gefahren – Wir „spazierten“ 2 Stunden…
Vom Pass hat man eine geniale Aussicht auf die umliegenden 5000 und 6000er der Cordillera Real. Von hier aus geht es die nächsten 4 Tage bergab…
In den folgenden Tagen passiert man auf dem großteils gepflasterten, alten Inkapfad erst einsame Andendörfer ohne Straßenanschluss, Inkaruinen, Lamaherden, und später dann immer grüner werdende Täler, die schon ab dem zweiten Tag tropisch verwuchert sind. Immer wieder kommt man durch abgelegene Dschungelsiedlungen wo dem Urwald gerade genug Land abgerungen wurde, um einige Bananenstauden und ein kleines Cocafeld zu pflanzen. Von diesen Siedlungen sind es meist mehrere Tagesmärsche bis zur nächsten Straße – Alles was es in diesen Ortschaften gibt muss mit Mulis und Lamas antransportiert werden.
Am ersten Tag des Trails hatten wir einen Abstieg von 1660 Höhenmetern (unsere Knie freuten sich!) und auch in den folgenden Tagen ging es ähnlich weiter. Auch wenn in unserem Trekkingguide nichts von Aufstiegen stand machten wir aber doch einige Hundert Meter doppelt (rein ins Tal, über die Brücke und dann wieder raufkoffern….)
Am Anfang frohren wir noch und trugen mehrere Lagen Gewand übereinander. Je weiter wir in die Yungas hinunterkamen, desto wärmer und feuchter wurde die Luft – schon mal im Dampfbad mit dem Rucksack bergaufmarschiert???
Ab dem dritten Tag hatten wir sowohl angenehme, als auch äußerst unangenehme Weggefährten. Die angenehmen waren die tropischen Früchte (Guaven, Limonen und Inkapflaumen), die uns den Weg versüßten, die unangenehmen waren die Blackflies – kleine, wie Obstfliegen aussehende Mistviecher, die nicht einfach nur stechen, sondern ein Loch in deine Haut beißen und dann genüsslich aus dem entstandenen Blutpool schlürfen…Die Stiche juckten noch Wochen später!
Am vierten Tag erreichten wir Yolosa, den Zielpunkt des Choro-Trails auf einer Höhe von 1185m. Von dort ist die einzige Möglichkeit nach La Paz zu kommen über die „gefährlichste Straße der Welt“ (heißt wirklich so und ist es auch) Diese Strecke sollte man mit einem PKW oder einem Bus machen, keinesfalls mit einem LKW, da diese am häufigsten in die bis zu 600m tiefen Abgründe stürzen. Nach zwei Stunden warten und unzähligen überfüllten Busen und Taxis, die keinen Platz für uns hatten bat sich uns die Gelegenheit an auf einem LKW mitzukommen, der außer uns noch leere Bierkisten und Schweine geladen hatte. Ist doch ideal und die Aussicht vom LKW ist auch besser als aus einem Taxi…Und die Aussicht war atemberaubend…So atemberaubend, dass wir uns manchmal zwingen mussten, die Augen nicht zu schließen! Nach 4 Stunden Höllenritt (für nicht mal 100km) kamen wir völlig durchgefroren und mit Bierflaschenmuster am Hintern bei der Brauerei in La Paz an.