Mittwoch, 9. Juni 2010

Agra und das Taj Mahal...

Kein Indienaufenthalt wäre komplett ohne den Besuch des Taj Mahals. Auch wir wollten uns diesen riesigen Marmorbau, der von vielen als das schönste Gebäude der Welt bezeichnet wird, nicht entgehen lassen.
Wir kannten das Taj Mahal natürlich schon von vielen Bildern, Postern und Fotos, wo es immer irgendwie gleich hübsch, weiß und edel aussieht und erwarteten genau das zu sehen. Doch als wir dann wirklich davor standen... - WOW!!! So riesig, so prunkvoll und so erhaben KANN ein Gebäude eigentlich gar nicht sein!
Das Taj Mahal wurde von Shah Jahan als Grabmal für seine zweite Frau erbaut, die bei der Geburt ihres 14. Kindes gestorben war. Der Bau des Taj Mahals dauerte 8 Jahre (wobei es 22 Jahre dauerte um die gesamte Anlage fertigzustellen). Kurz nachdem die Bauarbeiten abgeschlossen waren wurde Shah Jahan von seinem eigenen Sohn Aurangzeb gestürzt und im nahe gelegenen Agra Fort eingesperrt. Vom Fort aus sieht man auf das etwa 1,5km entfernte Taj Mahal. So konnte Shah Jahan wenigstens auf das Grabmal seiner Geliebten blicken...und das jeden Tag, bis zu seinem eigenen Tod.
Jeder Inder kriegt einen verklärten Blick, wenn es ums Taj Mahal geht. Es ist für sie das romantischste Gebäude schlechthin – das Sinnbild für die wahre Liebe...Naja, ob man Liebe wirklich an der Größe des für den Geliebten errichteten Grabmals messen kann?...
Für uns bleiben noch ein paar Fragen:
Welches Grab hat Shah Jahan wohl für seine erste Frau gebaut?
Was hat er bei der Erziehung seines Sohnes falsch gemacht?
und
Haben es die Bauarbeiter, die das Taj Mahal bauen mussten, wohl auch so romantisch gefunden?

An der Ostküste Indiens...

Puducherry, oder Pondicherry, wie es zu Kolonialzeiten hieß, wird im Reiseführer als schöne französische Kolonialstadt beschrieben, die zwar all das hat, was zu einer indischen Stadt so dazugehört (Sprich: Lärm, Chaos, Dreck und viel zu viele Leute), aber immer noch ein ganz besonderes Flair besitzt. Die indische Stadt hatten wir gleich auf den ersten Blick gefunden...das Flair suchten wir vergebens. Es stehen zwar ein paar alte Kolonialbauten in der Gegend herum, aber die meisten von ihnen wurden einfach in teure Hotels oder Restaurants umgewandelt. Der Strand von Puducherry ist nichts Besonderes und Essen ließ sich auch kein vernünftiges auftreiben. Nach einem Tag Sightseeing (oder besser gesagt Sights suchen und nicht finden) fuhren wir weiter ins nahe gelegene Mamallapuram.
In diesem kleinen Nest gibt es zwar auch nicht viel zu sehen oder zu tun, aber es ist wenigstens ruhig und günstig. Eigentlich hätten 2 Tage für diese kleine Ortschaft völlig ausgereicht, aber da im Moment Ferien in Indien sind und die Züge schon Wochen im Vorhinein ausgebucht sind, mussten wir uns das Ticket von Chennai (nahe Mamallapuram) nach Agra (im Norden, am anderen Ende von Indien) schon in Hampi checken. Da wir uns dort mit der Reiseplanung etwas verschätzt hatten, bzw. für einige der Stopps mehr Zeit als nötig eingeplant hatten, hatten wir 6 Tage zum Todsitzen. Aber es gibt sicher noch blödere Orte dafür als Mamallapuram. Wir hatten ein nettes Zimmer in einer privaten Lehmhütte außerhalb des Ortes, wo wir nach den vorhergegangenen anstrengenden Reisetagen so richtig ausspannen konnten. Wir verbrachten unsere Tage mit nichts tun, spazieren gehen und der Besichtigung der umliegenden Tempel (die nach denen von Hampi wirklich mickrig wirkten).
An einem Tag fuhren wir zur nahe gelegenen „Crocodile Bank“, einer Aufzuchtsstation für Krokodile, Gaviale und andere Panzerechsen aus der ganzen Welt.
Nachdem wir die 6 Tage rumgebogen hatten ging es mit dem Bus nach Chennai. Von dort nahmen wir einen Zug einmal quer durch Indien, nach Agra im Norden des Landes – 31 Stunden im Zug, über 2000km Strecke...für knappe 9 Euro pro Person! In Indien ist Zugfahren echt leistbar...

Tiruvannamalai - der Feuershivatempel

Indien ist ein Land, in dem Gegensätze oft unmittelbar aufeinander treffen - verschiedene Religionen, unterschiedliche Traditionen und komplett gegensätzliche Kulturen. Immer wieder stolpert man von einer Welt direkt in die nächste. Wir hatten genau so einen Religions- und Kultursprung als wir nach dem Besuch im Ashram direkt nach Tiruvannamalai zu einem Hindutempel fuhren, in dem Shiva als brennender Lingam (Phallus) verehrt wird. In Tiruvannamalai, einer der 5 wichtigsten Shiva-Städte, wird dieser Gott in seiner Feuerinkarnation verehrt. Das besondere an der gigantischen Tempelanlage ist nicht nur ihre Größe (ein Tempelgelände von 10 Hektar ist nicht zu verachten), sondern auch die Tatsache, dass das einer der wenigen Tempel in Indien ist, bei dem man auch als Nicht-Hindu bis ins allerheiligste Tempelinnere darf. Und dann beinhaltet das auch noch einen ewig brennenden Phallus – Das mussten wir uns ja einfach ansehen!
Wir kamen im strömenden Regen in Tiruvannamalai an - einer der ersten Vorboten des Monsuns, der Ende Mai das Festland von Indien erreichen und sich dann langsam von Süden nach Norden arbeiten wird. Da es einer der ersten Regengüsse der Saison war, wusch er die Straßen mal kräftig auf und alles, was sich da in den letzten Monaten an Dreck, Urin, Fäkalien, Müll und Co angesammelt hatte lief in einer dunkelbraunen Suppe knöcheltief die Straßen hinunter – Waren wir froh in diesem Moment in einer Motor-Riksha zu sitzen!
Als wir am nächsten Morgen den Tempel besichtigten regnete es noch immer leicht, was der ganzen Anlage ein besonders schräges Flair gab. Der Tempel ist konzentrisch aufgebaut – je tiefer man hineingeht, umso heiliger wird es. Im ersten Ring kämpfen noch Verkäufer und Bettler um die Aufmerksamkeit der Tempelgeher, aber je weiter man, über Gänge, Korridore und kleine Plätze ins Tempelinnere vordringt umso mystischer wird die Stimmung. Im innersten Tempel, dort wo der Lingam brennt, muss man sich dann in einer langen Schlange anstellen, um dann letztendlich einen kurzen Blick darauf erhaschen zu können. In diesen verrauchten, von Ruß und Räucherwerk geschwärzten Hallen befindet man sich in einer fremden Welt. Der Steinboden ist blank poliert von abertausenden Pilgern, zu den Füßen der Statuen liegt weißes Pulver, oder Asche, das sich die Gläubigen auf die Stirn drücken, kein Sonnenstrahl ist je in das tiefste Innere des Tempel vorgedrungen und die Hitze der Flammen in den engen Kammern ist erdrückend. Wir kamen uns vor wie Besucher in einer völlig anderen Zeit, wie Zeugen eines alten, längst ausgestorbenen Kults mit geheimnisvollen Ritualen und Göttern....Und im Grunde ist es eigentlich nur ganz normaler Hinduismus, wie er von Millionen von Menschen jeden Tag praktiziert wird, nur dass du das als Tourist meist nicht zu sehen bekommst.
Der Feuerlingam war übrigens nicht so spektakulär...die Tempelstimmung wars aber allemal wert hier einen Zwischenstopp einzulegen.

Zu Besuch bei Sai Baba...

Keine Indienreise wäre komplett, ohne den Besuch in einem Ashram. Und welcher Ashram bietet sich dazu mehr an, als der von Sathya Sai Baba, dem wohl berühmtesten und umstrittensten Guru in Indien. Wir wussten zwar weder wie es genau in einem Ashram abläuft, noch was jetzt die eigentliche Lehre von Sai Baba ist, aber im Reiseführer hatte das ganze ziemlich unproblematisch und einfach geklungen. Schon auf der Busfahrt nach Puttaparthi, einem kleinen Nest 4 Stunden nördlich von Bengaluru (Bangalore), wurden wir auf Sai Baba vorbereitet. Bereits eine Busstunde vor dem Ashram lachte sein Gesicht von praktisch jeder Plakatwand und Slogans seiner Lehre wie: „Love ever, hurt never!“ zierten Häuserwände, Strommasten und Felsbrocken am Straßenrand.
Was im Reiseführer wie „hinkommen, Zimmer checken und einfach Ashram anschauen“ geklungen hatte, stellte sich als etwas schwieriger heraus. Schon beim Eingang mussten wir durch eine strenge Sicherheitskontrolle inklusive Metalldetektor. Danach war es gar nicht so einfach auf dem riesigen Gelände jenes Gebäude zu finden, das die Unterkünfte für ausländische Sai Baba-Anhänger vergibt. Und Informationen über Tagesablauf oder Ashramregeln zu bekommen war praktisch unmöglich.
Wir verbrachten den gesamten ersten Tag damit, die riesige Anlage des Ashrams zu erkunden und über die Menschenmassen zu staunen, die sich zum täglichen Darshan (Massenaudienz mit Sai Baba) in der gigantischen Halle versammeln.
Am Abend statteten wir uns im ashrameigenen Buchgeschäft mit Literatur über Sai Baba aus – Wenn wir schon hier sind, sollten wir auch wissen, worum es in seiner Lehre geht. Das was wir bis dahin wussten, ergab noch nicht sehr viel Sinn und widersprach sich oft ziemlich mit dem Verhalten, dass die Leute im Ashram an den Tag legten.
Dieser offensichtliche Widerspruch wurde auch nach dem genaueren Befassen mit seiner Message nicht unbedingt weniger. Grundsätzlich kann man die Lehre Sai Babas (so wie wir sie verstanden haben) wie folgt zusammenfassen: Jeder Mensch braucht Religion/Spiritualität. Es ist gleich welcher Religion du angehörst, da alle im Grunde die gleiche Message haben – die der Liebe. Es gibt nur eine große göttliche Kraft, die Kraft der Liebe. Er selbst ist die Verkörperung dieser Liebe. Deshalb sollst du ihn anbeten. Liebe durchdringt alles und alles ist Liebe und da Liebe göttlich ist, bist du auch Gott, genauso wie Sai Baba selbst. Ziel ist es diese alles umfassende Einheit zu erkennen und dein Ego völlig aufzugeben. Da er dir diesen Weg zeigt musst du ihn anbeten....oder so ähnlich. (Es kann natürlich sein, dass wir mit unserer Interpretation des Ganzen völlig falsch liegen. Es soll sich also hier keiner angegriffen fühlen, der seine Lehre anders versteht)
Im Praktischen soll das so aussehen, dass man diese Liebe wahr nimmt und auch andere mit dieser Liebe behandelt. Slogans wie „Help ever, hurt never!“ kann man überall (auf Baseballcaps, T-shirts, Plakaten,...) am Ashramgelände lesen.
Wir waren echt überrascht, wie wenig diese theoretische Message im Ashram in die Praxis umgesetzt wurde. Grundsätzlich ist es ja eine sehr ähnliche Lehre wie die, die wir im Kloster in Thailand gelernt hatten, nur dass wir dort das Gefühl hatten, dass es die Leute dort wirklich leben. Im Ashram von Sai Baba entdeckten wir mehr Unruhe, Neid und Unzufriedenheit als Liebe und Frieden. Besonders die Anhänger aus der westlichen Welt waren ein Schock für uns – so viele verhärmte, unzufriedene, z´wider dreinschauende Esofuzzis!
Wir gaben Sai Baba noch eine letzte Chance uns zu überzeugen und gingen am nächsten Abend zum Darshan, wo er sich normalerweise zeigt um seine Liebe zu verbreiten. Wir hatten schon in Thailand von einer anderen Retreat-Teilnehmerin gehört was für eine wunderbare Ausstrahlung er hat und wie sich die Energie in der Menschenmenge ändert, sobald er die Halle betritt.
Erst warteten wir mal eine gute Stunde, während Helfer des Ashrams Wasser austeilten und die Leute davon abzuhalten versuchten sich noch in die schon besetzten vorderen Reihen zu quetschen. Als Sai Baba dann aber endlich auf seinem Rollstuhl-Thron sitzend in die Halle geschoben wurde, war sämtliche Ordnung beim Teufel. Alle drängten, schubsten und rempelten nach vorne um einen Blick auf den großen Guru zu werfen (obwohl jeder etwas gesehen hätte, wären alle ruhig auf ihrem Platz sitzen geblieben). Also von der großen Liebe spürten wir da nicht viel! Und auch das Ego, das man eigentlich loslassen sollte nahm wieder überhand – ICH muss ihn sehen, ICH muss erlöst werden, ICH, ICH, ICH!!!
Auch in Sai Baba sahen wir nur einen alten Mann mit schräger Afro-Frisur und nicht die Mensch gewordene Gottheit...
Aber auch wenn diese ganze Ashram- und Verehrungsmasche nicht ganz so unser Ding ist, konnten wir trotzdem ein paar ganz nette Ideen und Denkanstöße aus Puttaparthi mitnehmen.

Hampi

Wir hatten schon vom vielen Reisenden gehört, dass Hampi ein Pflichtstopp bei jedem Indienaufenthalt ist – geniale Landschaft, alte Tempel und gemütliche Atmosphäre...Und genau das fanden wir vor, nur dass es unsere Vorstellungen bei weitem übertraf.
Die Landschaft rund um Hampi ist voller riesiger Boulder, die sich neben-, in- und übereinander stapeln. Oft scheint es, als wäre hier mal ein Riese durchgekommen und hätte aus purem Spass die Steine übereinander geschlichtet. Oft balanciert ein riesiger Findling auf einem anderen und man fragt sich wie das möglich ist, dass der nicht schon längst heruntergefallen ist. Zu dieser bizarren Landschaft kommen dann noch die vielen Tempel, die in der Umgebung verstreut sind. Manchmal sind es riesige Anlagen, meist aber nur kleine, einfache Bauten, mitten zwischen den Bouldern und manchmal sogar darauf.
Wir wanderten stundenlang in der Affenhitze umher, kletterten und hüpften von Boulder zu Boulder, nur um wieder einen neuen versteckten Tempel zu finden.
Auch Hampi selbst war für uns eine positive Überraschung – ein kleines Dorf mit freundlichen Leuten, günstigem Essen und relaxtem Flair.
Hätten wir nicht nur 3 Monate für ganz Indien, wären wir in Hampi sicher noch etwas länger geblieben. So mussten wir „schon“ nach 6 Tagen unsere Rucksäcke packen und weiterreisen.

Wir werden Filmstars in Bollywood!!!

Wir hätten eigentlich vorgehabt in Palolem 2-3 Tage zu bleiben und dann weiter zu reisen, aber wieder einmal kam es anders.
An einem benachbarten Strand wurde gerade ein großer Bollywood-Blockbuster gedreht und sie suchten noch „Westerners“ als Statisten. Und das Angebot da mal mitzuarbeiten klang echt verlockend: den ganzen Tag am Privatstrand einer Luxushotelanlage im Schatten herum hängen und ab und zu durchs Bild laufen, Frühstück und Mittagessen gratis und Wasser und Tee so viel man mag. Dazu gibt’s noch pro Person 1000 Rs pro Tag (ein durchschnittlicher Inder verdient etwa 150 Rs am Tag).
Wir hatten in den letzten 3 ½ Jahren nicht oft die Möglichkeit gehabt Geld zu verdienen und schon gar nicht auf so gemütliche Art und Weise. Außerdem gehört es zu einem richtigen Indienaufenthalt ja fast dazu, einmal hinter die Kulissen der riesigen Bollywood-Filmindustrie geblickt zu haben.
An unserem ersten „Arbeitstag“ waren wir noch etwas skeptisch, ob die ganzen Versprechen auch eingehalten werden würden. Wir haben schon Geschichten von anderen Reisenden gehört, die so was ähnliches in Mumbai, dem Zentrum der indischen Filmindustrie, gemacht hatten und den ganzen Tag ohne Wasser und Essen in der Hitze standen. Aber wir wurden echt überrascht. Der Strand war wirklich wunderschön, mit vielen Schatten spendenden Sonnenschirmen (so einen Luxus haben wir am Strand sonst nie, da man für die Dinger meist zahlen muss) und die Verpflegung war erstklassig.
An einem der schönsten Stränden Indiens im Schatten liegen, Chai schlürfen und kaltes Wasser serviert kriegen – so lassen wir uns Geld verdienen echt einreden. Naja, gelegentlich mussten wir schon auch wirklich was tun. In jeder Szene, die gedreht wurde, brauchten sie Leute, die im Hintergrund durchs Bild laufen. Wir wurden mit quietschbunten Luftmatratzen, Schwimmreifen und Paddel dekoriert und dann auf Kommando durchs Bild geschickt. Gemeinsam mit uns taten das zeitgleich auf den ganzen Strand verteilt noch etwa 150 andere Statisten – die Weißnasen im Vordergrund, die Inder etwas weiter hinten um den Strand zu füllen. Es gibt zwar wahrscheinlich keinen einzigen echten Strand an dem zeitgleich so viele Menschen im Zickzack wild durcheinander spazieren, aber in Bollywood geht es eben nicht immer darum, dass alles realistisch ist – Hauptsache bunt und glamourös!
Wir hatten am ersten Tag so viel Spaß (und 2000 Rs mehr in der Tasche), dass wir gleich noch einen dran hängten und dann noch einen und noch einen. Mit der Zeit waren wir schon voll die alten Hasen am Set und der Statisteneinweisertyp stellte uns immer ganz vorne hin, in die Nähe der Kamera, weil wir bei Kommandos wie „Start sound“ oder „Back to one“ wussten was zu tun war. Vielleicht war es aber auch Kevins Frisur, die der Regisseur im Bild haben wollte, wer weiß?
In den vier Tagen am Set liefen wir so oft im Hintergrund durchs Bild, dass die Chancen gar nicht so schlecht stehen, dass ihr uns im Herbst in „Golmaal 3“ im Kino sehen könnt (falls ihr zu dieser Zeit gerade in Indien sein solltet...sonst gibt’s den Film sicher auch auf DVD).
Es war wirklich interessant mal zu sehen, wie so ein Filmdreh abläuft. Bollywood- Produktionen haben mit Sicherheit ein viel knapperes Budget als die Filme, die in Hollywood gedreht werden, (auch wenn die Zuschauerzahlen oft vergleichbar sind) die Stars hier in Indien sind aber mit Sicherheit um einiges gemütlicher. Bei diesem Film spielten einige der größten Stars von Indien mit. Bollywood-unwissend wie wir sind, erkannten wir sie nur als solche, da sie immer einen privaten Sonnenschirmhalter hatten und in Plastiksesseln sitzen durften. Sie waren aber keineswegs so abgehoben, wie man es von Hollywoodstars kennt. Bis auf die etwas hochnäsige Hauptdarstellerin, die private Assistenten und sogar Bodyguards hatte, waren sie eigentlich alle ganz gemütlich und locker und es war auch kein Problem mal mit ihnen kurz zu reden oder ein Foto von ihnen zu machen.
Einer der Hauptdarsteller lief selbst immer mit seiner Kamera am Set herum und fotografierte alles mögliche, von Dreharbeiten bis Schauspielkollegen. Einmal, als Marita im Schatten ausspannte, kam er her und veranstaltete ein Fotoshooting mit ihr, dann mit Kevin, dann mit uns beiden...Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn der Star eines Films plötzlich dich fotografiert – irgendwie verkehrte Welt...
Naja, Inder fotografieren uns generell gerne - warum sollte ein Filmstar eine Ausnahme bilden? Normale Inder auf Urlaub fotografieren uns mit einer Handykamera und er halt mit einer 10.000 US$ Spiegelreflex.
Nach 4 Tagen am Set hatten wir aber genug Sonne, Stars und Sand und fuhren um insgesamt 8000Rs (ca.140€) reicher weiter ins Landesinnere – nach Hampi.

Goa

Nach fast 3 Monaten in Nepal und nun schon über einer Woche in der premonsunalen Hitze Indiens freuten wir uns echt wieder mal auf Strand und Meer. Und da Goa angeblich einige der schönsten Strände Indiens haben soll, hofften wir auf ein paar paradiesische Tage unter Kokospalmen.
Als erstes steuerten wir die kleinen Ortschaft Arambol im Norden Goas an. Dort angekommen mussten wir fast nochmal im Reiseführer nachschauen, ob wir wirklich im richtigen Nest waren. Was wir vorfanden entsprach nämlich nicht exakt dem Bild, das wir nach dem Reiseführerlesen hatten... Das „vibrierende Backpackerzentrum“ war eine kleine hässliche Strandortschaft und der „paradiesische Strand“ war ein breiter dreckiger Sandstreifen, auf dem sich mehr streunende Hunde und Kühe als Menschen tummelten... Das Meer ist eine braune, tosende Suppe, die zum Baden zu gefährlich ist... Irgendwie hatten wir uns das berühmte, tropische Goa etwas anderes vorgestellt! Mag sein, dass es in der Touristensaison schöner ist, aber vom Wort „paradiesisch“ ist Arambol etwa soweit entfernt wie ein Nordseestrand.
Wir machten das Beste draus und nutzten die Vorteile der Nebensaison – im Luxuszimmer zum Spottpreis lässt es sich auch ganz gut ausspannen...
Nach ein paar Tagen wurde uns das aber zu fad und wir fuhren weiter nach Panaji. Eigentlich wollten wir uns in den beiden ehemals portugiesischen Städten Old Goa und Panaji wieder etwas Kulturprogramm geben, aber da sich keine vernünftige Unterkunft auftreiben ließ und wir portugiesische Kolonialstädte schon aus Südamerika kennen, änderten wir wiedermal spontan unsere Reisepläne und fuhren weiter nach Palolem, im Süden Goas.
Die angeblich schönste Strandortschaft Goas erwies sich als positive Überraschung. Palolem selbst ist zwar auch nix besonderes, aber der Strand kann sich tatsächlich sehen lassen – eine weite Bucht, umringt von Kokospalmen und einem goldenen Sandstreifen. Hier gefiel es uns schon besser und dank der Nebensaison ließ sich auch in Palolem ein Zimmer auftreiben das normalerweise nicht unserem Budget entsprechen würde (200Rs statt 500Rs). Endlich konnten wir wieder mal Sonne, Meer und Strand so richtig genießen!

Die Tempelhöhlen von Ajanta und Ellora

Die Kombination der Worte „Zug“ und „Spezial“ bedeutet in manchen Ländern, dass dieser Zug besonders schnell, besonders luxuriös oder die Strecke besonders schön ist. Wie wir bei der Fahrt nach Jalgaon lernten ist das in Indien anders... Hier ist ein Spezialzug ein Zug, der zusätzlich zum regulären Zugverkehr unterwegs ist und darum nur dann auf die Strecke darf, wenn gerade kein anderer Zug darauf unterwegs ist. In einem Land das täglich 18 bis 20 Mio.! Leute und zusätzlich noch unzählige Tonnen an Gütern transportiert heißt das: viiiieeeel WARTEN! Für eine Zugfahrt, die laut Fahrplan 20 Stunden dauern sollte brauchten wir 34! Als wir um 2 Uhr früh (geplante Ankunft wäre 11 Uhr Vormittags gewesen) völlig fertig, dreckig, verschwitzt und stinkend in Jalgaon ausstiegen wollten wir nur noch duschen und dann schlafen.
Nach 5 Stunden Schlaf fuhren wir mit dem Bus direkt nach Ajanta. Hier entstanden zwischen dem 3. Jhd. v. Chr. und dem 6. Jhd. n. Chr. unzählige Klöster und Tempel. Das besondere daran ist, dass diese direkt aus einer Felswand heraus gehauen worden sind - Riesige Hallen, wunderschön verzierte Säulen und enorme, fein gearbeitete Statuen...alles aus einem Stück Fels heraus gemeißelt.
So faszinierend die Höhlen waren, so ermüdend war die Hitze, die zu dieser Jahreszeit das Landesinnere von Indien lahmlegt. Nach einem ganzen Tag Busfahren und Sightseeing hatte es Marita sämtliche Kühlsystemsicherungen geputzt und sie lag am Abend mit dröhnendem Schädel und Fieber im Bett. So musste Kevin am nächsten Tag alleine zu den benachbarten Höhlen von Ellora fahren.
Sie sind auch, genau wie die Höhlen in Ajanta, aus dem nackten Fels gehauen. Es gibt hier Tempelhöhlen von 3 verschiedenen Religionen - 12 buddhistische, 17 hinduistische und 5 Jain (religiöse Abspaltung vom Hinduismus ähnlich dem Buddhismus). Die Höhlen hier sind aber viel jünger. Als im 6. Jhd. n. Chr. die Bedeutung des Buddhismus in dieser Gegend nachließ, wurde Ajanta verlassen und an seiner Stelle begannen im nahe gelegenen Ellora die Tempel und Klöster zu wachsen.
Während die buddhistischen Höhlen hier noch sehr simpel sind, sind die hinduistischen teils riesige freistehende, aus einem Stück Fels gehauene Tempel mit kunstvollen Verzierungen und Statuen. Schon irre was man aus einem Stück Fels alles machen kann...einfach nur all das weg meißeln, das nicht nach Tempel aussieht...
Nach zwei Tagen Sightseeing hintereinander im indischen Brotbackofenklima war nun Kevin nahe am Hitzschlag. Während sich Maritas körpereigenes Kühlsystem wieder halbwegs stabilisiert hatte, begann nun Kevin zu fiebern – Fast 40 Grad Fieber bei 46 Grad Außentemperatur sind echt nicht lustig...und das in einem der grindigsten Hostels auf der ganzen Reise! Aber mit ein paar Tagen Bettruhe und vielen nassen Tüchern kriegten wir ihn bald wieder fieberfrei und konnten weiterfahren nach Goa.

Varanasi

Wir starteten unseren Indienaufenthalt gleich mit der vollen Indiendröhnung - Tempel, Verkehrschaos, Pilgermassen, Chillum rauchende Yogis, heilige Kühe, hinduistische Rituale mit viel Rauch und Feuer, Badespass mit brennenden Leichen gleich daneben,... - Willkommen in Varanasi, der heiligsten Stadt am Ganges!!!
Nach hinduistischem Glauben ist das Wasser des Ganges heilig und ein Bad darin wäscht sämtliche Sünden ab. Außerdem wird man, wenn man nach dem Tod an den Ufern des Ganges verbrannt wird, vom Wiedergeburtenkreislauf befreit.
So viel Heiligkeit garantiert in Indien auch ganz viel Action – am Flussufers des Ganges ist immer was los!
Tausende Pilger waschen sich täglich im völlig verschmutzten Wasser (Zu Industriemüll und Abwässern, die ungefiltert in den Ganges fließen kommen noch Opfergaben und die Asche (und teils unverbrannte Körperteile) der Verstorbenen dazu). Sie trinken es sogar, da das Gangeswasser auch heilende Fähigkeiten besitzen soll.
Obwohl wir ja sonst mal gerne lokale Gepflogenheiten ausprobieren, hielten wir uns diesmal zurück, verzichteten auf Durchfall, Hautausschlag und Co und beobachteten das bunte Treiben nur. Während das Bad im Ganges für manche eine hoch heilige, ernste Angelegenheit mit unzähligen Ritualen ist, sehen es andere als Wasserspaß mit heiligen Nebenwirkungen und es herrscht teils ausgelassene Badeseestimmung.
Wenige Meter neben den Badenden werden am Ufer die Toten verbrannt.
Nachdem die Verstorbenen kurz in den heiligen Fluss getaucht wurden, werden sie auf einen offenen, genau abgewogenen Scheiterhaufen (Gewicht und Qualität des Holzes bestimmen den Preis der Bestattung) gelegt und verbrannt. Ihre Asche wird (nachdem das Gold von Zähnen und Schmuck heraus gewaschen worden ist) dann in den Ganges gestreut. Da diese Art des Ablebens nach hinduistischem Glauben den Austritt aus dem Wiedergeburtenkreislauf garantiert kommen viele Leute aus ganz Indien hierher um zu sterben. Es gibt eigene Sterbehäuser in Varanasi, die die Menschen in ihren letzten Tagen beherbergen und dann für sie die Bestattung arrangieren.
Einen menschlichen Körper auf einem offenen Feuer brennen zu sehen ist ein Bild an das westliche Augen nicht gewöhnt sind – halbverkokelte Beine, die aus Scheiterhaufen stehen und aufplatzende Gedärme stehen in christlichen Begräbnissen einfach nicht auf der Tagesordnung.
Aber nicht nur Leben und Tod existieren in Varanasi direkt nebeneinander, sondern auch Ritual- und Alltagsleben gehen fließend ineinander über. Unter Tags ist das Ufer nicht nur Schauplatz von Totenverbrennungen und rituellen Bädern, sondern die Leute treffen sich hier auch zum Wäsche, Geschirr und Kinder waschen, Cricket spielen, Yoga machen, Touristen abzocken und fischen. Am Abend versammeln sich dann tausende Leute zur Puja (Ritual), wo dann mit viel Getrommel, Glockengeläute, Gesang, Tanz, Feuer und Rauch den Göttern und der heiligen „Mutter Ganga“ geopfert wird. Nebenbei wird das Flussufer aber auch für den Abendspaziergang, Leute treffen und Abendessen genutzt.
Varanasi ist echt ein buntes Kaleidoskop an Gegensätzen – Wir waren begeistert! Es war der perfekte laute, bunte, schräge Einstieg für dieses laute, bunte, schräge Land!
Wir verbrachten die meiste Zeit in Varanasi damit am Ufer des Flusses oder in den kleinen, verwinkelten Gassen der Altstadt spazieren zu gehen und die Stadt auf uns wirken zu lassen. Naja, zuerst einmal verbrachten wir die meiste Zeit im Hotelzimmer, da sich Kevin bei seiner ersten Mahlzeit in Indien gleich mal eine Lebensmittelvergiftung oder so zugezogen hatte. Erst als die auskuriert war konnten wir mit dem Erkunden anfangen...
An einem Morgen charterten wir uns zu Sonnenaufgang ein kleines Boot und ließen uns eine Stunde lang das Ufer entlang rudern. Vom Fluss aus bekommt man noch einen viel besseren Blick auf das farbenprächtige Morgenbadespektakel, mit der eindrucksvollen Kulisse von Varanasis Altstadt im Hintergrund!
Eigentlich könnte man mehrere Wochen in Varanasi verbringen, ohne dass einem langweilig wird. Da wir aber für ganz Indien nur 3 Monate Zeit haben, mussten wir uns schon nach wenigen Tagen von der Stadt verabschieden.
Unser nächster Stopp war etwa 1000km weiter im Süden – die Tempelhöhlen von Ajanta und Ellora.

Indien

In Kathmandu kauften wir uns einen gebrauchten Indienreiseführer und fingen an zu planen... Normalerweise planen wir nicht viel, aber da Indien so groß ist und wir auch den Monsun miteinberechnen mussten, blieb uns nix anderes übrig als den Großteil der über 1200Seiten zu lesen. Wir schafften es sogar uns einen Reiseplan zurechtzulegen....

Eigentlich wollten wir uns für den riesigen Subkontinent 6 Monate Zeit nehmen, aber da es die Indische Botschaft in Wien nicht schaffte das fürs 6-Monatsvisum benötigte Bestätigungsfax nach Kathmandu zu schicken, kriegten wir nur die halbe Visumszeit und müssen Indien jetzt im Schnelldurchlauf machen. So gaben wir ordentlich Gas und starteten unseren Indienaufenthalt gleich mit einem 26 Stunden Reisetag von Kathmandu nach Varanasi...