Sonntag, 16. September 2007

Iquitos...Perus Dschungelmetropole...

Iquitos - Eine Stadt mit 400.000 Einwohnern mitten im Dschungel ohne Straßenanschluss. Weltweit die größte ihrer Art.
Im Gegensatz zu Pucallpa hat Iquitos dank des Gummi-Booms und später des Öls eine lange Geschichte. Im Zentrum sieht man noch viele der alten Residenzen der Gummibarone aus dem späten 19. Jahrhundert. Eine Besonderheit ist auch das Stadtviertel Belén: Ein Armenviertel das so nahe am Fluss gebaut ist, dass es das halbe Jahr unter Wasser steht. Die Häuser sind entweder auf meterhohen Stelzen gebaut oder stehen auf riesigen, liegenden Baumstämmen, die als Floss dienen, wenn das Wasser steigt. In Belén gibt es auch einen Markt auf dem man fast alles zu kaufen bekommt: Fische aller Art, Krokodil- und Schildkrötenfleisch, gegrillte Riesenmaden, gekochte Schildkröteneier, eingelegte oder getrocknete Schlangenköpfe, Rinden und Lianen (auch Ayahuasca – eine halluzinogene Lianenart, die bei schamanischen Ritualen verwendet wird), Kräuter, exotische Früchte, und auch sonst noch alles was man im alltäglichen Leben so braucht – von der Küchenabwasch bis zur Machete…
Nahe der Stadt gibt es einen relativ großen parque zoologico, in dem man die Tiere des Dschungels aus der Nähe sehen kann. Sie sind zwar eingesperrt, aber meist in ihrer natürlichen Umgebung – viel artgerechter als in den meisten europäischen Zoos. Man kann in wunderschöner Tropenlandschaft spazieren gehen und Tiere wie Tapire, Affen, Riesenotter, Kaimane, Raubkatzen und viele andere aus nächster Nähe sehen. Aber nicht nur in den Käfigen sieht man Tiere, auch in allen Bäumen wimmelt es von exotischen Vögeln und frechen, kleinen Affen, die den Tapiren das Futter stibitzen.
Nachdem wir nun die Stadt und ihre Umgebung genug erkundet haben geht es morgen per Riverboat weiter zur brasilianischen Grenze – wenn ein Boot fährt bzw. auch tatsächlich ablegt…

Mit dem Frachtschiff von Pucallpa nach Iquitos...

Nachdem wir in Pucallpa alles fürs Riverboat-fahren besorgt hatten (Hängematten, Getränke, Futternapf, Moskitoschutz,…) packten wir unser Zeug und marschierten zum Hafen. Dort fragten wir uns durch welches Boot nach Iquitos fahren würde und gingen an Bord.
Diese Boote sind Frachtschiffe, die Iquitos mit allem Nötigen versorgen. Iquitos ist nämlich weltweit die größte Stadt ohne Straßenanschluss. Alles was es dort zu kaufen gibt wurde entweder vor Ort erzeugt, oder per Schiff oder Flugzeug hintransportiert. Diese Frachtschiffe nehmen meist auch Passagiere mit, die aber eher ein Nebenverdienst sind. Es gibt zwar auch ein paar Kabinen, aber die sind natürlich zu teuer für uns und außerdem hat das keinen Style – Wir machten es wir die Einheimischen und schliefen in Hängematten am Oberdeck. Hier geht es ziemlich chaotisch zu und jeder hängt seine Matte dort hin, wo noch Platz ist (oft auch neben oder zwischen die Fracht).
Es gibt auch keine fixen Abfahrtszeiten, sondern die Boote legen dann ab, wenn sie voll beladen sind.
Unser Boot transportierte von Obst und Gemüse über Möbel und Zement bis hin zu Fischen und Riesenschildkröten alles. Ablegen sollten wir planmäßig noch am selben Tag. Der Zement war aber noch nicht vollständig an Bord und deshalb verbrachten wir (um Hotelkosten zu sparen) die erste Nacht am Boot im Hafen. Auch am zweiten Tag kam etwas dazwischen, da die Marine das OK zum Ablegen noch nicht erteilt hatte – Aber wir haben ja Zeit und ans Hängemattenschlafen gewöhnt man sich am besten ohne Schaukeln…
In den frühen Morgenstunden des dritten Tages legten wir dann endlich ab und tuckerten Richtung Iquitos.
Das Leben an Boot ist sehr einfach aber gemütlich. Drei mal am Tag gibt’s was warmes zu Essen - auch wenn es jeden Tag das Gleiche ist…wässriger Brei zum Frühstück; Reis, Bananen und irgendein Stück Fleisch (Huhn, Schwein, Ratte?) zu Mittag und Nudelsuppe mit Kochbanane zum Abendessen. Aber wir sind ja inzwischen nicht mehr wählerisch was Nährstoffe angeht (auch Salmonellen haben Kalorien, oder?) Während sogar einige Peruaner an Bord Probleme mit dem Essen bzw. seiner Verdauung hatten ging es uns wunderbar – wir haben wirklich schon Saumägen!
Zu tun gibt es den ganzen Tag nichts außer faul in der Hängematte liegen, lesen, knüpfen, mit den Hängemattennachbarn quatschen und das Ufer vorbeiziehen sehen.
Kevins Lieblingsplatz war das Dach des Schiffes wo er stundenlang cocakauend saß und den Delfinen beim spielen zusah. Von dort oben hat man eine geniale Aussicht. Man sieht immer wieder kleine Dörfer und Siedlungen am Ufer. Oft steht auch irgendwo nur ein Dach mit einer Wäscheleine daneben, einem Bananenfeld dahinter und einem Einbaum am Ufer. So einfach kann das Leben sein…Besonders zu Sonnenuntergang ist die Stimmung am Fluss atemberaubend!
Während sich Kevin am Dach von der Sonne braten ließ genoss Marita das Leben in der Hängematte. Zum einen, weil es dort schattig ist, zum anderen, weil einer von uns immer bei den Rucksäcken bleiben musste. Es wechselt auf diesen Booten sehr viel, sehr schnell den Besitzer. Angeblich gibt es Menschen, die nur aus diesem Grund mitfahren. Besonders kurz vor und in den Häfen muss man aufpassen, dass seine Sachen nicht von Bord gehen.
Am 4. Reisetag kamen wir um 10 Uhr nachts dann in Iquitos an. Deshalb und da es in Strömen schüttete beschlossen wir noch eine Nacht am Boot zu schlafen um wiederum Hotelkosten zu sparen und trocken zu bleiben.
Der Kapitän war sogar noch so nett und gab uns für die letzte Nacht eine der jetzt sowieso ungenutzten Kabinen zum Schlafen.
Am nächsten Morgen wurden wir schon vor Sonnenaufgang vom regen Treiben im Hafen geweckt. Bananen wurden abgeladen, Fische noch an Bord verkauft, Aligatorschwänze, Piranhas und Riesenschildkröten wechselten den Besitzer. Am Nachbarboot war am Vortag eine Kuh verendet, die nun von 10 Mann die schlammige Hafenböschung hinaufgeschleift wurde. Lautsprecher tönten und Motocarros röhrten – Kein Wunder, dass wir wach waren.
Nachdem wir dem Hafentreiben mehrere Stunden vom Boot aus fasziniert zugesehen hatten, schulterten wir die Rucksäcke und marschierten Richtung Zentrum.

La Selva...der Dschungel...

Um 7 in der Früh starteten wir mit Chelos kleinem Boot Richtung Wildnis. Erst ging es die Lagune hinauf und dann über einen kleinen Kanal in den Rio Ucayali. Dieser hier noch relativ schmale Fluss (in etwa so breit wie die Donau) bildet mit einigen anderen Flüssen später den Rio Amazonas.
Auf der Fahrt erzählte uns Chelo viel über den Fluss und das Leben an seinen Ufern. Da in dieser Gegend alles undurchdringbarer Dschungel ist spielt sich sämtliches Leben entlang und auf den Flüssen ab. Sie sind Transportweg, Nahrungslieferant und Zentrum des Lebens. Alles hängt vom Wasserstand des Flusses ab. Viele Häuser stehen auf Stelzen oder schwimmen entweder das ganze Jahr oder zumindest Teile davon. - Am Amazonas beträgt der durchschnittliche Wasserstandsunterschied zwischen Regen- und Trockenzeit ca. 10m!!!
Die Bewohner dieser Region leben hauptsächlich vom Fischfang und Obstanbau (meist Bananen, Melonen und Papayas) Der Überschuss der produzierten Waren wird dann mit dem Einbaum nach Yarinacocha oder Pucallpa gefahren um dort am Markt verkauft zu werden.
Chelo erzählte uns aber auch viel über das Leben unter der Wasseroberfläche, was einerseits sehr interessant, andererseits zum Fürchten ist (Fische von mehreren Metern Länge, Piranhaschwärme, 10cm-Fischlein, die in Riesenschwärmen über Delfine herfallen…) Ein tolles Gefühl, wenn man kurz darauf in einem seichten Seitenarm aussteigen muss, um das Boot anzuschieben. Aber es waren nur die ersten Schritte wirklich schlimm – man gewöhnt sich schnell daran und versucht nicht an die Stachelrochen zu denken, die sich im weichen Sand vergraben. Am Abend waren wir dann schon ganz normal baden.
Die erste Nacht schlugen wir unser Camp mitten im Dschungel unter einem faszinierenden Riesenbaum auf. Diese Bäume beanspruchen eine Bodenfläche von mehreren hundert Quadratmetern und vergrößern sich indem sie dünne Lianen zum Boden wachsen lassen. Wenn diese die Erde erreichen, fangen sie an zu wurzeln und einen neuen Stamm auszubilden. Dieser bildet dann wiederum Lianen, usw. Auch wenn es aussieht wie viele ineinander verwachsene Bäume, so ist es doch nur ein einziger…
Nach dem Dunkelwerden erkundeten wir die nähere Umgebung mit unseren Taschenlampen. Im Dschungel beginnt bei Nacht das große Krabbeln! Aus allen Ritzen und Löchern kommen die eigenartigsten Insekten: Riesengrillen, tarnfarbene Gottesanbeterinnen, handtellergroße Riesenschaben, Vogelspinnen, Skorpione und noch viele andere Flattermänner und Krabbeltiere…
Danach ging das Erkunden der eigenartigen Tierwelt am Fluss weiter – mit einer Handleine. In den Flüssen hier scheint es nachts so, als gäbe es mehr Fische als Wasser. Die Wasseroberfläche brodelt und lässt das Gemetzel, das darunter stattfindet erahnen. Einen kleinen Einblick bekamen wir dank eines großen Angelhakens und kleinen Fischstücken, welche von den bluthungrigen Monstern innerhalb kürzester Zeit verschlungen wurden.
Zum Schlafen ging es dann nur unter ein Moskitonetz, denn hell leuchtenden Sternenhimmel als Dach…
In den nächsten Tagen erkundeten wir den Dschungel dann auch bei Tag. Wir hörten viel über die Pflanzen, ihre Charakteristika, ihre Heilwirkungen und die Verarbeitungsformen der unterschiedlichen Hölzer – das meiste haben wir schon wieder vergessen (spanische Namen, von Bäumen, die wir sowieso nicht mehr wieder erkennen…) Aber auch einige Tiere bekamen wir zu Gesicht. Überall in den Bäumen sieht man Ameisen- und Termitennester hängen und auch am Boden wimmelt es nur so von diesen kleinen Krabblern. Es gibt hier viele hundert Ameisenarten – von Minitierchen, die das Auge gerade mal sieht bis hin zu mehreren Zentimeter großen Riesenkalibern. Viele sind harmlos, aber es gibt auch unzählige, die es in sich haben. Chelo zeigte uns eine mit Riesenbeißwerkzeugen, die sich in seinem Fingernagel festbiss und nicht mehr losließ. Es gibt auch welche, die mit einem bestimmten Baum eine Symbiose eingehen. Sie leben in seinem hohlen Stamm und ernähren sich von einem Sekret, das dieser absondert. Würden die Ameisen dieses nicht fressen würde sich der Baum selbst vergiften und daran sterben.
Der Wald hier ist zwar ein Naturparadies, aber kein Zoo in dem einem an jedem Baum ein Affe entgegenlacht. Man muss sich sehr vorsichtig und leise bewegen um die Tiere nicht zu verscheuchen. Wir taten unser Bestes, aber stecke Europäer in Gummistiefel und lass sie über Laub und Äste latschen…Wir waren die meiste Zeit so damit beschäftigt keinen Lärm zu machen, dass wir darauf vergaßen die Umgebung zu beobachten. Aber wenn Chelo wieder losfetzte und mit der Machete zu wacheln begann wussten wir, dass es da was Interessantes zusehen gibt. So auch bei einem Ameisenbär, der sich leider in der Krone eines kleinen Baumes versteckte. Chelo versuchte ihn herunterzuschütteln und als er damit keinen Erfolg hatte, war Kevin an der Reihe. Seine Taktik: Raus aus den Gummistiefeln und rauf auf den Baum! Die beißenden Ameisen und der Anblick der Ameisenbärenkrallen, die auf ihn zukamen zwangen ihn zwar schnell wieder zum Abstieg, aber er hatte sein Ziel erreicht – der Ameisenbär war nun in Reichweite unserer Kamera.
So ein Glück hatten wir aber nicht mit allen Tieren. Die Affen waren zu hoch in den Bäumen und einfach zu schnell. Bei unserer Verfolgungsjagd durch den Dschungel zogen wir eindeutig den Kürzeren.
Wenn man vom Affenhetzen müde und durstig ist muss man nicht verzweifeln. Es genügen zwei kräftige Machetenhiebe und schon strömt frisches, klares Wasser aus der Liane. Man muss nur aufpassen, dass man die richtige Sorte erwischt – sonst kann es passieren, dass man einen unbeabsichtigten halluzinogenen Ayahuasca-Trip abkriegt…
Da das Wetter nach Regen aussah verbrachten wir die nächsten Nächte in einem kleinen Dorf von Shipibo-Indianern. Hier borgten wir uns am Abend auch einen Einbaum aus um die umliegende Gegend bei Nacht nach Kaimanen abzusuchen. Es ist schon ein unheimliches Gefühl im Stockfinsteren lautlos durch das Wasser zu gleiten und nur das zu sehen, was die Taschenlampe ausleuchten kann. Es trennen dich nur wenige Zentimeter von der Wasseroberfläche und rundherum erwacht der Fluss zu seinem nächtlichen Leben. Überall jagen große Raubfische, das Wasser spritzt und immer wieder springen kleine Fische in Panik ins Boot. Schon nach kurzer Zeit sahen wir unseren ersten Kaiman, oder besser…nur seine Augen, die im Schein der Taschenlampe wie rote Glühbirnen leuchten. Da die Kaimane hier keine natürlichen Feinde haben, kommt man sehr nahe an sie heran, bevor sie abtauchen. Das machen sich leider auch die Fischer zu Nutze und jagen sie wegen ihres Fleisches. Deshalb gibt es hier kaum noch große Tiere, da sie ab einer Größe von 1,5 Metern auf dem Teller landen.
Auch wir machten Jagd auf sie, aber nur mit der Kamera. Wir kamen auch bis auf eineinhalb Meter an einen stattlichen Burschen von ca. 2 Metern heran. Und genau diesen Zeitpunkt musste sich unsere Kamera natürlich aussuchen um wieder mal, wie schon so oft in den letzten Tagen und Wochen, zu spinnen - Sie löste nicht aus. Und damit war die Entscheidung endgültig gefallen: Wir brauchen eine neue Kamera! Unsere hat in letzter Zeit immer mehr Macken und schießt teilweise selbständig unkontrolliert Fotos, stellt nicht scharf oder löst, wie in diesem Moment einfach nicht oder zu spät aus. Auch wenn es unserem Reisebudget stark zusetzt (ca. 2 Monatsbudgets) werden wir uns demnächst eine neue Kamera kaufen – das bedeutet: bessere Fotos für die Fans zuhause!
Zurück im Dorf verbrachten wir die Nacht in einem typischen mit Palmblättern gedeckten Haus. Es steht, so wie alles in diesem Dorf (Hühnerstall mit eingeschlossen) auf Stelzen. – In der Regenzeit kann man das 5 Meter entfernte Nachbarhaus nur schwimmend oder per Einbaum erreichen.
Wenn wir mal gerade nicht zu Fuß im Dschungel unterwegs waren, erkundeten wir per Boot die kleinen Flüsse und Kanäle in der Gegend. Diese Trips nutzten wir natürlich auch zum Fischen. Nicht nur zum Spaß, sondern auch um ein Mittagessen zu haben. So kam es vor, dass wir erst mal fröhlich baden gingen, dann an der gleichen Stelle ein paar Piranhas raus fingen und diese dann gemütlich verspeisten. Die Fischreste wurden dann wieder im Wasser entsorgt, wo sich gleich einige ihrer Artgenossen die Bäuche voll schlugen. Nach dem sich die Wellen geglättet hatten gingen wir wieder baden – man muss sich ja die fettigen Fischfinger waschen, oder?
Die Piranhas ließen uns auch in Ruhe - sie attackieren normalerweise keine (unverletzten) Menschen. Aber es gibt ja noch andere Fische in diesen Gewässern…und einer von ihnen hatte gerade Appetit auf Marita und – zack – fehlte ein Stück von einem Muttermahl. Diese kleinen Muttermahlfetischisten sind eigentlich harmlos, aber Marita ging dann doch aus dem Wasser, da das blutende Muttermal ja noch größere Kaliber anlocken kann…
Der vierte Tag unseres Trips bestand eigentlich nur aus der Rückfahrt nach Yarinacocha. Trotzdem hatten wir das Glück vom Boot aus noch einiges zu sehen. In einem Baum entdeckten wir 2 Faultiere und nur ein Stück weiter saß auf jedem dritten Baum ein riesiger grüner Leguan. Im Fluss sahen wir immer wieder die Flossen eines pinken oder blauen Flussdelfins und hunderte Vögel flatterten, wie schon die letzten Tage immer um uns herum.
Wie es sich für eine perfekte Dschungeltour gehört kriegten wir dann auch noch einen echten Tropenschütter ab. Also, wenn es hier mal regnet, dann richtig! Es schüttet wie irre, blitzt und donnert und man hat das Gefühl als würde die Welt gleich untergehen. Die Leute hier lassen sich aber von solchen Kleinigkeiten nicht aus der Ruhe bringen. Es wird trotzdem gefischt, am Fluss gepaddelt und die Wäsche gewaschen…
Nach diesem echt genialen Trip ging es für uns wieder zurück nach Pucallpa von wo aus es per Frachtschiff Richtung Iquitos weitergehen würde…

Pucallpa und die Laguna Yarinacocha...

Nach einigen Monaten in den eher kalten Hochanden, war die Ankunft in Pucallpa, als betrete man ein Dampfbad. Die jährliche Durchschnittstemperatur!!! liegt hier bei 26 Grad, die konstante Luftfeuchtigkeit lässt es aber noch heißer erscheinen…
Die Stadt, die vor wenigen Jahrzehnten noch eine Dschungelsiedlung mit wenigen Tausenden Einwohnern war, beherbergt heute, dank ihrer großteils asphaltierten Straße nach Lima über 300.000 Menschen. Sie ist damit der einzige große Amazonashafen in Peru mit Straßenanschluss. Durch die relativ junge und unspektakuläre Entstehungsgeschichte Pucallpas ist auch das Stadtbild dementsprechend: keine wirklichen Sehenswürdigkeiten, großteils Zweckbauten und große Armenviertel am Stadtrand. Hauptverkehrsmittel sind Motocarros (motorisierte Rikschas), die einen Höllenlärm machen.
Nach 2 Tagen in dieser Dschungelmetropole zog es uns zur ruhigeren, 10km entfernten Lagune Yarinacocha. Hier sollte es Riesenleguane, pinke Delfine, Shipibodörfer und viel, viel Dschungel geben. Die Frage, wie wir das Ganze erkunden würden erübrigte sich gleich bei der Ankunft.
Wir kamen mit Chelo, einem Dschungelguide, der auch ein bisschen Deutsch spricht ins Gespräch und er machte uns ein langzeitreisendenpreisgerechtes Angebot, das wir kurzerhand annahmen. Früh am nächsten Morgen starteten wir zu unserer 4-tägigen Tour in den Dschungel…

Lima...

Nach der schockierenden Fahrt durch die Erdbebengebiete ging’s ab ins Großstadtgetümmel von Lima.- Wieder mal eine Stadt mit so vielen Einwohnern wie Österreich…
Zu dieser Jahreszeit ist die peruanische Hauptstadt nicht das ideale Urlaubsziel. Sie kriegt viel feuchte Luft vom Pazifik ab und die Temperaturen liegen meist nur um die 10 Grad. Die Sonne kann man aufgrund des ganztägigen Nebels meist nur erahnen – Richtiges grausliches Herbstwetter!
Aus diesem Grund, und da Großstädte sowieso nichts für uns sind, fassten wir uns kurz, machten das übliche Sightseeing und einige Besorgungen für unsere Weiterreise ins Amazonasbecken.
Neben den üblichen Sehenswürdigkeiten wie Kathedrale, Präsidentenpalast mit spektakulärer Wachablöse und der Plaza de Armas hat Lima auch noch eine kleine Besonderheit, die die meisten Touristen übersehen. Auf der Plaza San Martín steht unter der eindrucksvollen Statue des großen Generals die kleinere Figur der „Madre Patria“. Der spanische Künstler hatte den Auftrag ihr einen Kranz aus „llama“ auf das Haupt zu setzen. Es bedachte damals jedoch keiner die Doppeldeutigkeit des Wortes – Llama heißt auf Spanisch sowohl „Flammen“ als auch „Lama“…und so ziert nun ein kleines, süßes Tierchen ihr Haupt…
Erschöpft vom ganzen Sightseeing (bzw. stundenlangem herumlatschen in einer viel zu großen Stadt), gönnten wir uns endlich unser wohlverdientes Cuy (Meerschweinchen). – Echt lecker diese Viecherl! Wenn wer ein gutes Rezept braucht, schreibt uns einfach ein Mail!
Da wir die kalten Regionen Südamerikas mit Lima für die nächsten Monate abgeschlossen haben, nutzten wir die Kleiderspende für die Erdbebenopfer und erleichterten unsere Rucksäcke um Jacken und Fleecehosen…
Wir froren zwar die letzten Stunden in Lima, aber die Vorfreude auf die Tropen wärmte uns ein wenig…
Die Strecke von Lima nach Pucallpa gilt als die gefährlichste Route in ganz Peru, da es regelmäßig zu Raubüberfällen auf Reisebusse gekommen ist. Deshalb empfehlen auch alle Reiseführer einen Flug. Unser Konto hatte aber das letzte Wort und bestand auf die Busfahrt.
Es lief alles, wie bei jeder anderen Busreise, bis wir dann um Mitternacht geweckt wurden. Vor uns stand ein Mann in Tarnhosen, Trainingsjacke und Baseballkappe mit einem riesengroßen Jagdgewehr am Rücken…
Er bat höflich um die Aufmerksamkeit der Fahrgäste und brachte sein Anliegen dar…Er wollte, wie kann es anders sein, Geld von uns…
Seine Motivation war aber keine Kriminelle, sondern eher gegenteilig. Er war Mitglied einer Bürgerwehr, die die Reisebusse auf diesem gefährlichen Straßenabschnitt begleiten und bat um eine kleine Spende, da der Staat dieses Projekt finanziell nicht unterstützt. Sie arbeiten zwar mit der Polizei zusammen, bekommen aber kein Geld dafür, dass sie sich Nacht für Nacht für eine sichere Strecke einsetzen.
Nach einer relativ rauen und ungemütlichen Fahrt über Schotterpisten kamen wir dann frühmorgens endlich in Pucallpa an…

Mit dem Bus durch die Erdbebengebiete...

Nach ein paar Tagen des Einkaufens und Organisierens in Cusco haben wir es endlich geschafft diese Stadt hinter uns zu lassen (insgesamt waren wir 20 Tage in der Stadt). Die Busfahrt ging durch die Ortschaften Ica und Pisco, die vom kürzlichen Erdbeben am schwersten betroffen waren. Was wir da sahen hat uns schwer bewegt, weshalb wir darüber auch einen Eintrag verfassen obwohl es ja „nur“ eine Busfahrt war…
Aus den Medien kannten wir ja schon einige Bilder, aber das ganze Ausmaß der Katastrophe wurde uns erst bewusst, als wir mit dem Bus mitten durch die am schwersten betroffenen Gegenden fuhren.
Die Randgebiete von Ica und praktisch ganz Pisco sind ein einziges Trümmerfeld. Es erinnert an Bilder, die man von bombardierten Städten kennt. Immer wieder sind Dächer eingestürzt oder es fehlt einfach eine Ecke vom Haus. Wir sahen auch ganze Siedlungen, die völlig in sich zusammengestürzt waren. Die Menschen leben meist in Zelten vor ihren in Trümmern liegenden Häusern. Teilweise campieren sie auch vor intakten Häusern – vermutlich aus Angst wieder hineinzugehen. (Es gab noch tagelang Nachbeben der Stärke 5-6…)
Als wir mit dem Bus durch diese Städte fuhren wurde es sehr still. Während vorher noch ein Film gezeigt worden ist und die Stimmung sehr fröhlich war, saßen plötzlich alle nur mehr betroffen am Fenster und betrachteten fassungslos die Zerstörung.
Am schwersten betroffen ist die ärmere Bevölkerung, deren einfache Häuser meist aus ungebrannten Lehmziegeln gebaut sind. Oft wird an Zement gespart, was die Häuser extrem unstabil macht. In manchen Stadtteilen ist einfach alles zerstört. Schulen, Krankenhäuser und Kirchen sind teils schwer beschädigt. Es fehlt an allem. In unserem Bus ging sogar jemand mit einem großen Sack durch und bat, die Fahrgäste ob sie nicht ein paar Snacks oder Kekse hätten, die sie für die Menschen der Region spenden könnten.
Wenn man durch diese Städte fährt merkt man aber auch, dass die Menschen schon wieder mit dem Aufbau beginnen. Die wichtigen Straßen sind zum Großteil schon wieder provisorisch hergerichtet, überall werden die Trümmer beseitigt, der Schutt wird von den noch verwendbaren Ziegeln getrennt und neue Mauern werden aufgezogen.
Hier in Südamerika kennt man Erdbeben und weiß damit umzugehen…