Dienstag, 20. Februar 2007

Parque Nacional Lanín

Von Junín aus organisierten wir uns alle nötigen Informationen über den Parque Nacional Lanín. Wir bekamen sogar eine Wanderkarte mit MASSSTAB!!!, was hier in Südamerika mehr als unüblich ist. Es hätte zwar auch organisierte Touren in den Park gegeben, aber… (ihr kennt uns ja, oder?)
Wir ließen uns mit dem Bus auf halber Strecke in der Wildnis absetzen und marschierten den Lago Huechulafquen am Südufern (weniger touristische Seite des Sees) entlang in den Nationalpark. Der See hat in etwa die Größe des Attersees und ist, so wie hier alle Gewässer, glasklar und eiskalt.
Von den riesigen Wäldern, die im Reiseführer beschrieben waren war anfangs noch keine Spur. Wir starteten in einer trockenen, vulkanischen Steppenlandschaft mit niedrigem, stacheligem Bewuchs. Doch mit jedem Kilometer, den wir in den Park hineinwanderten wurde die Vegetation größer und grüner. Man hält es nicht für möglich wie rasch sich die Landschaft komplett verändern kann. Bei unserem Trip hatten wir von Wüste über Nadelwald bis hin zu Hochgebirge, riesigen Urwäldern, weißen und schwarzen Stränden bis hin zum Bambuswald alles. Im Hintergrund thront jedoch immer der Vulkan Lanín (3770m) – ein wunderschöner Berg!
Der Weg war anfangs noch geländewagentauglich und somit auch gut zu wandern und leicht zu finden, doch mit jedem Kilometer wurde er schmäler und unwegsamer. Irgendwann ging die Strasse in einen Trampelpfad über, der stellenweise nur mehr schwer von den von wilden Kühen, Schafen und Pferden ausgetrampelten Wildwechseln zu unterscheiden war. Stellenweise waren diese sogar breiter als der eigentliche Wanderweg… So ist es wenig verwunderlich, dass wir irgendwann den Pfad verloren. Wir wussten, dass der Weg irgendwo über uns entlang des Sees verlaufen musste, deshalb kämpften wir uns mit unseren, für solche Aktionen viel zu schweren und großen Rucksäcken bergauf durchs Dornengestrüpp. Doch irgendwann, am Ende unserer Kräfte, standen wir, 50m über dem Seespiegel, in einer Felswand, die steil in eine Schlucht abfiel. An ein Weiterkommen war nicht zu denken. Die Wand über uns wurde immer steiler und vor uns schoss ein Wasserfall in die Tiefe. Die einzige Möglichkeit war also die Wand, die wir hochgeklettert waren, wieder hinunter zu klettern. Es blieb uns also nichts anderes übrig als unsere letzten Kraftreserven zusammenzukratzen und den Abstieg zu wagen, da wir weder Wasser hatten, noch in der Felswand campieren wollten. Irgendwie schafften wir es wieder auf Seeniveau zu kommen und fanden sogar einen ebenen!!!, netten Platz für unser Zelt. Nach einem Tag Ruhe machten wir uns wieder auf die Suche nach dem Weg, diesmal erfolgreicher. Es war kein Wunder, dass wir bei unserer ersten Kletteraktion durchs Gestrüpp gescheitert waren, denn der tatsächliche Pfad ging steil den Berg hinauf und passierte erst ca. 600m über dem Seespiegel die Schlucht bei der wir (auf ca. 50m) angestanden waren. Irgendwo auf dem steilen Anstieg mussten wir ungemerkt das Tor zur Anderswelt passiert haben. Wir kamen in ein Tal, dessen Zauber sich schwer beschreiben lässt…Blumen blühten in den hellsten Farben, ein breiter Wasserfall stürzte in 1000 Tropfen in allen Regenbogenfarben über die Steine hinab und ging in einen lebhaft plätschernden Bach voller Kaulquappen über. Durch die windgeschützte, sonnige Lage herrscht im Tal ein Mikroklima in dem sich sogar Erdbeeren und Kolibris wohl fühlen. Dieser, vom Menschen nahezu unberührte Ort, strahlt eine Energie aus, die man erlebt haben muss! Wir haben versucht die Magie dieses Ortes auf Bilder zu bannen. Auf einem der online gestellten Fotos ist uns sogar eine Elfe ins Bild geflattert (oder war es doch ein Kolibri?)
Nachdem wir unsere „Akkus“ wieder aufgeladen hatten marschierten wir weiter. Während unseres Abstiegs stolperten wir mitten in der Wildnis über ein Hufeisen. „Das Glück können wir brauchen“ dachten wir und schnallten es sicherheitshalber auf den Rucksack. Als wir wieder einmal auf Pfadsuche waren kam das Glück, das uns verlassen hatte auch gleich angeritten – ein Gaucho mit indigenem Stammbaum und nur noch 4 Zähnen im Mund erbarmte sich und führte uns die nächsten Kilometer durchs Dickicht. Mitten im Bambuswald schlugen auf einmal seine beiden Hunde an und verschwanden im Unterholz. Er stürmte mit dem Pferd hinterher und was wir dann aus dem Dickicht hörten lässt sich schwer beschreiben: Hundebellen und -quietschen, Schnauben, Grunzen, panisches Wiehern und die Schreie des Gauchos… Kurz darauf sahen wir das 1,50m große Männlein zu Fuß mit einer 40cm Klinge in der Hand einen Hang hinaufstürmen. Dann war es ruhig… Nach ca. 5 Minuten kam er zurück und erklärte uns, dass ihm das Wildschwein leider entwischt ist…Dieser Kerl geht doch allen Ernstes nur mit einem Messer bewaffnet auf Wildsaujagd!!!
Unser Gauchoguide begleitete uns noch bis zu einer ehemaligen Parkrangerstation, wo wir unser Nachtlager aufschlugen.
Nach einer wetterbedingten eintägigen Pause marschierten wir weiter und erreichten das Ziel unserer Tour, einen abgelegenen Campingplatz.
Hier wuschen im wir im eiskalten Wasser unsere ganze Wäsche und genossen danach einen Abend am Lagerfeuer mit einem Bier und Keksen. Irgendwann in der Nacht begann es zu regnen und wir fragten uns wofür wir eigentlich unsere Wäsche ausgewunden hatten! +
Nachdem es die ganze Nacht geregnet hatte und der Wasserspiegel in unserem Zelt wieder einmal besorgniserregend hoch war, flüchteten wir in den beheizten Aufenthaltsraum des Campingplatzes. Wir waren nicht die einzigen, denen diese Nacht zugesetzt hatte. Je länger der Regen andauerte desto mehr Menschen versammelten sich um den kleinen Ofen. Dennoch waren wir diejenigen, die am nähesten bei der Wärmequelle saßen, da ja, bis auf das bisschen Gewand, das wir anhatten alles auf der Leine zum „Trocknen“ hing. Am Nachmittag wurde die Hütte dann wirklich voll, als eine Gruppe aus Buenos Aires, die wir schon an unserem vorigen Lagerplatz getroffen hatten, eintrudelte. Nun kam auch eine richtig gemütliche Stimmung auf. Wir hatten schon fast vergessen, dass unser Zelt, unsere Ausrüstung und 90% unserer Kleidung unter Wasser standen, die Temperatur kontinuierlich fiel und die Nacht immer näher rückte. Als sich herausstellte, dass die gesamte Reisegruppe in der Hütte übernachten würde, ließen wir unseren ganzen Charme spielen und schlossen uns kess bei ihnen an. Wir würden also in der Nacht nicht frieren müssen!
Am Nachmittag hörte der Regen auf, ging aber in Schneefall über – und das im Februar! (eigentlich sollte hier ja noch Sommer sein) Für die Gruppe aus Buenos Aires war das DIE Sensation, da einige von ihnen noch nie Schnee gesehen hatten. Wir machten das Beste aus der Situation – Kevin ging kurzerhand baden (so warm würde einem das Wasser so schnell nicht mehr vorkommen und Körperpflege war auch dringend mal wieder nötig). Damit hatten die „crazy Austrians“ endgültig das Herz der Reisegruppe erobert und die Stimmung wurde noch gemütlicher. Es wurde gemeinsam Karten gespielt, die Ukulele ausgepackt, das Essen geteilt und bis spät in die Nacht gefeiert.
Am nächsten Morgen trockneten wir unsere gesamte Ausrüstung und verabschiedeten uns von unseren neuen Freunden. Zu Fuß bzw. per Autostopp wollten wir nach San Martín de los Andes. Wir hatten Glück und es nahm uns bald ein Pärchen bis nach San Martín mit. Gemütlich auf dem Rücksitz eines Geländewagens, Zuckerl lutschend und einen Mate teilend legten wir die letzten Kilometer unseres Ausfluges in den Nationalpark zurück…

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