Als wir im Reiseführer von dem kleinen Aussteigerdorf ohne Straßenanschluss, Strom und Wasser lasen, war klar, dass wir dort hinmussten. Zu erreichen ist Cabo Polonio, das mitten in einem Landschaftsschutzgebiet liegt, nur mittels Geländefahrzeugen, die einen durch die berühmten Wanderdünen bringen. Der erste Eindruck, den wir von der Ortschaft hatten war überwältigend: kleine windschiefe, selbst zusammen gezimmerte Häuschen und Hütten, die planlos angeordnet auf den grasig-sandigen Hügeln stehen, ohne durch Straßen und Wege verbunden zu sein. Es scheint, als ob hier die Zeit stehen geblieben wäre.
Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch schon, dass Cabo Polonio zu einem beliebten Wochenendausflugsziel geworden ist. Die Zeiten, in denen das Dorf ein reiner Aussteiger- und Fischerort gewesen ist, sind leider vorüber. Nur mehr wenige echte „Hippies“ sind übrig geblieben. (Die Bezeichnung Hippie wird hier in Südamerika für alle alternativen Aussteigertypen verwendet und ist eigentlich eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Hippiekultur, wie wir sie in Europa kennen. Es sind also keine 60jährigen, vollbärtigen Althippies, sondern einfach gemütliche Leute, die etwas „anders“ sind. Wir fallen also auch in diese Sparte…)
Campen ist in Polonio eigentlich verboten. Es hat sich allerdings ca. 1 ½ km außerhalb der Ortschaft, entlang eines Baches in den Dünen eine kleine Zeltstadt entwickelt. Hier gibt es vom eingefleischten fasteinheimischen Dauercamper bis zum Wochenendabenteurer alles. In dieser „Stadt“ haben wir das echte Cabo Polonio gefunden. Gemütliche Leute, große Lagerfeuer, Musik und Gesang, gemeinsames Muschelsuchen und –essen und nicht zu vergessen SAND!!!! Den hast du überall: in den Haaren, in den Ohren, im Zelt, im Schlafsack, im Kocher, im Essen und sogar der Cafe ist „crunchy“! Mit unseren neuen Freunden Nacho und Belen (kurzfristig auch Pablo) haben wir hier wirklich schöne und unvergessliche eineinhalb Wochen verbracht. Besonders Kevin hat mit Nacho einen Seelenfreund gefunden. Obwohl Nachos Englisch nicht so gut war und Kevins Spanisch noch schlechter, verstanden sich die beiden beim Feuerholzsammeln, Muschelnsuchen, Felsenkraxeln, Tierwelt erkunden und Lobos (Seelöwen) streicheln hervorragend. Man braucht nicht immer große Worte um sich zu verstehen…
Wie schon erwähnt gibt es in Polonio auch eine der größten Seelöwenkolonien in Südamerika. Wenn man hier zwischen den Felsen spazieren geht kommt man sich fast so vor, als ginge man mitten durch das Gehege im Zoo. Diese putzigen, bis zu 300kg schweren Kolosse, die immer wieder zwischen den Felsen auftauchen, können mit ihren Reißzähnen schon ganz schön gefährlich werden. Wenn man sie aber zufällig bei einem Mittagsschlaf überrascht, kann es sein, dass sie zu faul sind um aggressiv zu werden. Und man kann sie, wenn man sich traut und ein bisschen wagemutig ist, auch streicheln. Kuscheln war uns dann doch zu gefährlich.
Nach eineinhalb Wochen im Sandkasten in der prallen Sonne (natürlichen Schatten gibt es praktisch keinen, wenn man welchen will, muss man ihn sich selber machen) verabschiedeten wir uns schweren Herzens von der kommerzialisierten Hippiekommune, die wir doch so lieb gewonnen hatten, sagten den Kühen am Strand noch good bye und zogen weiter Richtung Norden nach Punta del Diablo.
Dort bekamen wir gleich einmal einen Zivilisationsschock - Ein Campingplatz mit 200x500 Metern und ca. 400 Bewohnern von denen jeder mindestens einen Radio und einen Halogenstrahler mithatte. Der Ort selbst ist ganz gemütlich, jedoch merkt man, dass Hauptsaison ist und dass Punta del Diabolo im Moment eines der In-Ziele ist. Nach 2 Tagen der Ausrüstungspflege (und Entsandung) verließen wir diesen Ort also wieder und legten noch kurz einen Zwischenstopp in La Paloma ein.
Zum einen, um unsere Homepage wieder aktualisieren zu können (gutes Internetcafe), zum anderen, um unsere beiden Freundinnen Juliana und Beta noch einmal wieder zu sehen. Hier bleiben wir noch bis morgen und ziehen dann weiter ins Landesinnere nach Paso de los Toros…
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