Sonntag, 18. Juli 2010

Indien: Amritsar - der Goldene Tempel





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Der Goldende Tempel von Amritsar ist der heiligste Tempel der Sikhs.
Wir wussten nicht so recht was wir zu erwarten hatten. Dass der Tempel an sich faszinierend und wunderschön ist war klar, aber über Sikhismus und die Mentalität der Sikhs hatten wir schon so viele unterschiedliche Dinge gehört...Von gastfreundlich, offen und anderen Religionen gegenüber tolerant bis schwer bewaffnet den Glauben verteidigend und feindselig allen anders gläubigen gegenüber war alles dabei. Davon mussten wir uns einfach selber ein Bild machen. Wir fuhren einfach mal hin und ließen uns überraschen.

Da die meisten wahrscheinlich nicht viel über Sikhismus wissen – hier mal eine kurze Zusammenfassung: Gegründet wurde die Religion im 15. Jhd in Punjab von Guru Nanak. Er betonte die Einheit der Schöpfung und predigte die Abkehr von „Aberglauben“, traditionellen religiösen Riten und sozialer Hierarchisierung entlang Religion, Herkunft und Geschlecht. Damit setzte er sich in einem vom Hinduismus und Islam dominierten Gebiet natürlich in ein Wespennest. Diese Ideen gefielen diesen beiden Religionen nämlich gar nicht und so wurden die Sikhs seit jeher unterdrückt und für ihren Glauben verfolgt und mussten ihre Religion immer wieder verteidigen. Die oft gewalttätigen und blutigen „Bekehrungsversuche“ der Nachbarreligionen resultierten in einer Verehrung und Verherrlichung des Märtyrertums und einer starken Ideologie den eigenen Glauben, wenn es sein muss auch mit der Waffe, zu verteidigen. Leider ist der Sikhismus hauptsächlich dafür bekannt und nicht für andere Grundlagen der Religion, die friedliches miteinander Auskommen, Gastfreundschaft und Gleichberechtigung betonen.
Folgende Beschreibung des Sikhismus, die wir gefunden haben trifft es eigentlich ganz gut:

„Als Eckpfeiler des Sikh-Seins gelten ein sozial ausgerichtetes Familienleben, der ehrliche Verdienst des Lebensunterhaltes sowie lebenslange spirituelle Entwicklung. Der Dienst an Mitmenschen sowie das Bemühen um Beseitigung sozialer Ungerechtigkeiten werden als wichtige Form der Gotteshingabe angesehen. Frauen und Männern wird eine gleichberechtigte Rolle mit gleichen Rechten und Pflichten zugesprochen.
Hingegen werden Rituale, Pilgerfahrten, die Wiederholung von Mantren oder eines bestimmten Namens für Gott sowie die Ausübung von spezifischen Yoga- und Meditationstechniken für eine tiefgehende religiöse Haltung als unwichtig eingestuft. Aberglaube, Okkultismus, Asketentum, religiöses Spezialistentum– wozu auch Priester gerechnet werden– das Mönchs- und Nonnentum sowie Mittler zwischen dem Menschen und dem Schöpfer werden abgelehnt, da jedem Menschen das Potenzial zugesprochen wird, das Göttliche direkt in sich selbst und im Alltag mit Anderen zu erfahren“ (vgl. Wikipedia, 17.07.2010)

Unser erster Eindruck von Amritsar und dem Sikhismus war auf jeden Fall ein sehr positiver: gratis Schlafmöglichkeit in der Tempelunterkunft, gratis Tempeleintritt, für alle Religionen offen, gratis Essen in der Tempelküche und wirklich freundliche Leute!
Der Tempel selbst übertraf auch alle Erwartungen. Der in der Sonne fast leuchtende goldene Tempel steht in der Mitte eines großen künstlichen Teichs. Nur eine lange Brücke verbindet ihn mit dem „Festland“. Um wirklich IN den Tempel zu kommen muss man sich ca. eine halbe Stunde mit hunderten anderen Pilgern anstellen, aber auch ein Spaziergang rund um den Teich ist faszinierend. Zu jeder Tageszeit wandern hunderte Menschen rund um den Teich, baden im heiligen Wasser (was im Gegensatz zu den heiligen Wassern des Ganges echt sauber ist), sitzen im Schatten und diskutieren oder schauen einfach nur den Fischen im Wasser zu. Den ganzen Tag werden die heiligen Gebete, die im Tempel gesungen werden live über Lautsprecher auf dem ganzen Gelände übertragen. Wir verbrachten jeden Tag viele Stunden am Tempelgelände, gingen spazieren, saßen gemütlich irgendwo im Schatten und unterhielten uns mit den unterschiedlichsten Menschen, posierten für Fotos und genossen die verkehrsfreie, saubere Umgebung (eine Seltenheit in Indien).
Ein weiteres Highlight bei unserem Besuch in Amritsar war das „Langar“, die tempeleigene Ausspeisung. Täglich werden hier ca. 60 000 Gratismahlzeiten, die mit Spendengeldern bezahlt und von Freiwilligen zubereitet werden, ausgegeben. Jeder ist willkommen (zu essen und zu spenden) und es ist wirklich eine einzigartige Erfahrung mit den Pilgermassen am Boden zu sitzen und zu essen. Was uns besonders fasziniert hat ist, wie gut organisiert das Ganze war. Von der Tellerausgabe bis zum servieren des Essens (unaufhörlich laufen Freiwillige mit Essenskübeln und Schöpflöffel durch die Reihen) bis zum anschließenden einsammeln des Geschirrs. In Schüben werden die Pilger in unterschiedliche Speisesäle geführt und abgespeist. Nachdem diese Partie mit dem Essen fertig ist, wird schon wieder für die nächste vorbereitet....und das den ganzen Tag. Einfach irre!
Alles in allem war unser Besuch in Amritsar wirklich lohnenswert. Der Goldene Tempel gehört eindeutig zu unseren Highlights in Indien!

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