In einer Infobroschüre haben wir zufällig gelesen, dass der „Into the Wild“-Bus gleich in der Nähe von Fairbanks steht. Für Kevin stand sofort fest, dass wir da raushiken müssen…und Marita blieb wieder mal nichts anderes übrig als mitzukommen.
Für alle, die weder das Buch gelesen noch den Film gesehen haben: Der „Magic Bus“ ist ein ausrangierter alter Schulbus, der Mitten in der alaskanischen Wildnis steht und 1992 dem jungen Aussteiger Chris McCandless als Unterkunft diente. Chris verbrannte damals sein letztes Geld und marschierte „Into the Wild“ um frei von jeglichen gesellschaftlichen Zwängen in der Natur zu leben. Als er im Frühling losmarschierte waren die zwei auf der Strecke liegenden Flüsse noch kein Problem, aber als er dann Anfang Juli (ca. zur gleichen Zeit wie unser Hike) zurückkehren wollte war der gletschergespeiste Teklanika River so hoch, dass ein Furten nicht möglich war. Er zog sich wieder zum Bus zurück und verstarb dort wenige Wochen später an einer Vergiftung (vermutlich Schimmelpilz). Der Journalist und Abenteurer John Krakauer griff die Geschichte auf und schrieb den Bestseller „Into the Wild“. Vor kurzem kam auch der gleichnamige Film heraus.
In die Wildnis, durch reißende Flüsse und von Bären, Elche und Wölfen bewohnte Tundra, zu einem Aussteigerbus – klingt doch verlockend, oder?
Nachdem eine ausführliche Internetrecherche nicht sonderlich viel Brauchbares ergab und das Backcountry Information Center im nahe gelegenen Denali Nationalpark auch keine große Hilfe war, kauften wir uns einfach eine Karte und marschierten drauf los…
Die einzige Info, die wir mehrfach gefunden hatten, stellte sich als wahr heraus – It´s a wet and muddy trail! So ging es am ersten Tag durch Bäche, von Bibern geflutetes Sumpfland und den Savage River bis zum Teklanika. Dort schlugen wir das Zelt auf, da Gletscherflüsse normal in den frühen Morgenstunden am niedrigsten sind und wir bei den eisigen Wassertemperaturen auf die wärmenden Strahlen der Sonne hofften.
Am nächsten Morgen stellten wir fest, dass der Fluss um einige Zentimeter höher als am Vorabend war. Als Kevin furtete fanden wir auch heraus, dass der Telanika so tief war, dass Marita mit ihrem Rucksack eintunken würde und bei der Strömung keine Chance hätte. So musste Kevin insgesamt dreimal den Fluss durchqueren – beim ersten Mal war er froh dass er endlich drüben ist und ab dem dritten Mal durch die reißenden Fluten fing es fast an ihm Spaß zu machen (wären die Beine nicht taubgefroren gewesen).
Am anderen Ufer angekommen kommt man sich irgendwie vor als wäre man auf einer Insel – der einzige (vernünftige) Weg zurück in die Zivilisation führt durch diesen launischen Fluss! Und wenn einem der nicht wohlgesinnt ist, sitzt man hier fest!
Da nicht ganz klar ist, wo der Weg auf der anderen Seite weitergeht, irrten wir dann erst mal eine gute Stunde durch ein riesiges, von Bibern unter Wasser gesetztes Gebiet. Ab dem Zeitpunkt wo wir wieder auf dem Trail waren, ging es zügig voran. Kurz nachdem wir nach einem Kartenstudium beschlossen hatten, dass es noch ca. 1 Stunde sein müsste, rochen wir plötzlich Rauch. Und als wir um die nächste Kurve bogen stand er vor uns - Der „Magic Bus“ mit rauchendem Schornstein. Ein New Yorker Pärchen, das auch hier raus gewandert war, hatte gerade Mittagessen gekocht.
Nachdem wir dann unser Mittagessen gekocht hatten ging es ans Erkunden des Busses. Von außen wie von innen schaut er wahrscheinlich noch ziemlich genauso aus, wie er es 1992 getan hat – die Metallbetten, der Ölfassofen und die zerschossenen mit Plastikplane geflickten Fenster. Innen haben unzählige Leute Lebensmittel und Survivalpakete (damit hier nicht noch jemand verhungern muss) und einen Koffer voll mit Tagebüchern zurückgelassen. Jeder der hier vorbeikommt schreibt ein paar Zeilen hinein und es ist echt faszinierend die ganzen Geschichten zu lesen. Leute kamen mit Hundeschlitten, Fahrrädern, Ski-Doos, zu Fuß, mit Quads oder sogar mit dem Helikopter hierher. Einige Einträge sind von der Familie McCandless und John Krakauer.
Da uns der Platz so gut gefiel, beschlossen wir so lange wir möglich zu bleiben. Da wir aber in der Windschutzscheibe unseres Autos eine Notiz mit unserem geplanten Rückkehrdatum hinterlassen hatten, war unsere Zeit hier sehr begrenzt. Wir machten das Beste draus und erkundeten die Gegend rund um den Bus. Als Kevin entdeckte, dass der nahe gelegene Bach voller Fische ist, verfluchte er es sein Fischerzeug nicht mitgenommen zu haben...Doch mit etwas Improvisationstalent, einem aus einem Plastikseil gefädelten Faden und einer zurechtgebogenen Stecknadel war unser Abendessen gesichert. Da gleich 7Äschen an den Haken gegangen waren luden wir das New Yorker Flitterwochenpärchen zum Dinner ein.
Am späten Nachmittag des nächsten Tages (dank Mitternachtssonne ist hiken in der Nacht ja kein Problem) machten wir uns schweren Herzens auf den Rückweg.
Zurück beim Teklanika folgten wir dem Trail und fanden eine viel bessere Furt als beim Hinweg. Der Fluss ist hier viel breiter und in mehrere Arme aufgefächert. So furteten wir ohne gröbere Probleme und schlugen unser Camp auf der anderen Flussseite auf – Es schläft sich besser, wenn man diese Hürde bereits hinter sich gebracht hat.
Am nächsten Tag trafen wir eine Gruppe Jäger, die uns warnte, dass sie vor einer halben Stunde beobachtet hatten, wie ein Bär gleich neben dem Weg ein Elchkalb gerissen hat. Die Elchkuh hat den Bären zwar verjagt, aber der kommt sicher wieder um sich seine Beute zu holen. Toll! Nicht nur ein Bär, der seine Beute verteidigen will, sondern auch noch eine aggressive Elchkuh, die ihr totes Junges beschützen will. Da wollten wir echt nicht dazwischenstolpern. Dank der genauen Wegbeschreibung der Jäger konnten wir dem Tatort aber aus dem Weg gehen.
Zurück beim Auto verbrachten wir noch eine Nacht am Trailhead und fuhren dann zum Visitors Center des Denali Nationalparks um uns bei Flo per Internet „back from the wild“ zu melden.
Da nur Kevin das Buch „Into the Wild“ gelesen hatte und das schon Jahre zurückliegt, fragten wir im Denali Buchgeschäft nach diesem Bestseller. Obwohl die Geschichte praktisch vor den Türen des Nationalparks passiert ist führen sie diesen Titel nicht. „Den dürfen wir hier nicht verkaufen – Das Buch kriegt ihr nur außerhalb des Nationalparks!“ Die spinnen die Amis!
2 Kommentare:
Unglaublich toll! Ich hoffe ich werde die selbe chance bekommen den Bus zu sehen. Hinziehen tut es mich aufjedenfall schon seit ich den film das erstemal gesehen habe.
Gruß
Hallöchen! Wir suchen weitere interessierte Leute, damit wir irgendwann (in den nächsten 3 Jahren) als Gruppe den Stampede Trail "besteigen" können! :)
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